— –4 1 – worten auf die Frage, wie lange noch Widerstand geleistet werden kann, lauten wechselnd und unsicher. Ludendorff antwortet dem Staatssekretär Dr. Solf auf die Fragez ob die Front noch 3 Monate gehalten werden kann, verneinend (Nr. 43), und auf die Frage des Prinzen Max: »Kann beim Scheitern der gegenwärtigen Friedensaktion trotz des Abfalls eines der beiden uns noch verbliebenen Bundesgenossen der Krieg · allein von uns noch fortgeführt werden?« (Nr. 36). lautet Ludendorffs Antwort stark bedingt: »WVenn eine Kampfpausecim Westen eintritt, ja« (Nr. 43). Die deutsche Erwiderung auf Wilsons Antwort ergeht noch in vollem Einver— nehmen mit der Obersten Heeresleitung (Nr. 44, 46, 47). Auf Wunsch des General— feldmarschalls v. Hindenburg wird ausdrücklich ausgesprochen, daß Deutschland von der Annahme ausgeht, daß auch die mit den Vereinigten Staaten verbundenen Mächte sich auf den Boden der Grundsätze des Präsidenten Wilson stellen Nr. 44). Die zweite Note des Präsidenten Wilson vom 15. Oktober (Nr. 48) wird wesent- lich schärfer. Sie trennt zum ersten Male den Frieden vom Waffenstillstand, dessen Bedingungen sdem Urteile und dem Rate der militärischen Berater überlassen werden müssen, spricht von ungesetzlichen und unmenschlichen Praktiken der deutschen Streit- kräfte und erklärt, daß die ganze Durchführung des Friedens von der Bestimmtheit und dem befriedigenden Charakter der Bürgschaften abhängen wird welche in den grund- legenden Fragen der inneren Gewalten gegeben werden können. Österreich erhält eine besondere Antwort. Die Bestürzung über diese Note in ganz Deutschland und namentlich ihre Wirkung auf das Heer ist offenbar groß. Der Widerspruch regt sich überall, der Stolz bäumt sich auf und die Oberste Heeresleitung möchte zurück. Es erhebt sich nur die schwere Frage, ob man noch zurückkann. Denn die Offenbarung der schlechten Lage nach vierjähriger Behauptung des sicheren Sieges hat inzwischen im Ausland und Inland ihre Wirkung getan. Das Verhältnis zwischen der Obersten Heeresleitung und der Reichsleitung dreht sich. Die Oberste Heeresleitung fragt an, ob die deutschen Massen noch einmal in den Kampf bis zum Außersten mitgehen würden, oder ob die moralische Wiederstandskraft dafür zu sehr erschöpft sei (Nr. 54). Staatssekretär Dr. Solf sieht in diesen Jeilen nicht nur einen Appell an das deutsche Volk, sondern zugleich eine Verschiebung der Ver- antwortlichkeit. Z *Warum sei denn die Stimmung so gedrückt? Weil die militärische Macht zusammengebrochen sei. Jetzt aber sage man: Die militärische Macht wird zusammenbrechen, wenn die Stimmung nicht durchhält. Diese Verschiebung dürfe man nicht zulassen; sie passe schlecht zu den eigenen Worten Ludendorffs, der mit dem Kriegsminister einig gewesen sei, daß eine levée en masse nicht möglich ist.= Am 17. Oktober finden drei Sitzungen statt (Nr. 55 bis 58). Uber die mittlere Sitzung mit Ludendorff, in der die gesamte Lage nach allen Richtungen durchgesprochen wird, liegt eine ausführliche Niederschrift vor (Nr. 57). Ludendorff äußert sich hoffnungsvoller als vor zwei Wochen über die Möglichkeit, über die nächsten Wochen hindurch standzuhalten. Aber seine Außerungen sind unbestimmt, wechselnd und stimmungsgemäß gefärbt; sie finden gegenüber der Wucht der Tatsachen, die zur Sprache kommen, zum Teil kein volles Vertrauen. Hatten vor kurzem Ludendorff und Heye es