r 43 — .Wie lange wird der augenblickliche kritische Justand voraussichtlich noch dauern? Isi der Gefahrpunkt überschritten, wenn der Feind sich zur Einstellung seiner Großangriffe genötigt sicht, und wann wird dies voraussichtlich der Fall sein? Kann nach Uberwindung des Gefahrpunktes auf Konsolidierung unserer Front gerechnet werden und durch welche Mittel kann sie erreicht werden? Wie liegen die Verhältnisse des Mannschafts= und Materialersatzes? Kann beim Scheitern der gegenwärtigen Friedensaktion trotz des Abfalls eines der beiden uns noch verbliebenen Bundesgenossen der Krieg von uns allein bis zum Frühjahr fortgeführt werden? Verspricht sich die Oberste Heeresleitung einen ausreichenden Kräftezuwachs von der leyéke en masse, wie von Walter Rathenau in der Vossischen Zeitung empfohlen ist? Nach den bisher eingegangenen Nachrichten erscheint es nicht ausgeschlossen, daß Präsident Wilson als Vorbedingung für den Eintritt in die Verhandlungen die Räu- mmung Belgiens und Nordfrankreichs fordern wird; es fragt sich daher weiter: 1. Würde die Oberste Heeresleitung empfehlen, daß wir eine solche Forderung be. dingungslos annehmen oder daß wir sie mit Gegenbedingungen beantworten? Falls die militärische Lage unter den obenangeführten Gesichtspunkten einen Jeitverlust durch Verhandlungen zuläßt, kämen als Gegenbedingungen in Frage: a) die von Frankreich und England besetzten Gebiete Oberelsaß (eventuell auch die deutschen Kolonien) sind gleichfalls zu räumen. b) Garantien sind dafür zu leisten, daß der Feind uns nicht folgt. Eventuell könnte gefordert werden, daß die von uns geräumten französischen Gebiete nur von amerikanischen Truppen besetzt werden und daß Velgien nur von belgischen Truppen betreten, seine Neutralität von allen Kriegführenden geachtet, und der belgische Boden nicht wieder zum Kriegsschauplatz ge- macht wird. I) Crklärung unsererseits, daß wir, um die Verschlechterung unserer strategi- schen Lage im Westen auszuhleichen, unsere Truppen auch aus den von uns besetzten Gebieten im Osten (Baltikum, Litauen, Polen und Ukraine) zu- rücknehmen müßten, was diese Gebiete dann dem Bolschewismus aus- liefern würde. . Innerhalb welcher Zeit könnte die Räumung von Nordfrankreich und Belgien durchgeführt werden, wenn sie mit der Unterzeichnung des Waffenstillstandes be- ginnt? . « .WerdenwirnachderRänmungmitdcnunsnochzurBerfügungstehenden Kräften in der Lage sein, die deutsch-französische Grenze zu halten, falls im wei— teren Verlauf die Friedensverhandlungen scheitern und die Gegner von neuem zum Angriff übergehen? Püäsident Wilson könnte mit der Begründung, daß er Sicherheiten braucht, die Besetzung deutscher Festungen an unserer Westgrenze fordern. 1. 2 Würden wir angesichts der militärischen Lage gezwungen sein, eine solche For- derung anzunehmen? Inwieweit würde die Annahme der Forderungen von Gegenbedingungen ab- bängig zu machen sein? Prinz Max von Baden Reichskanzler.= Ils