— 63 — die sich in die neue Lage nicht finden könnten. Es gehe nicht mehr länger, daß das Kabi- nett beschließt und die Geheimräte machen was sie wollen. Jedensalls dürfe man Wilsons Note nicht beantworten, bis man nicht mit General Ludendorff gesprochen habe. Er müsse uns sagen, wie es militärisch steht, und wir wollen ihm die Stimmung schildern. Sie sei fürchterlich. Es sei nicht die Empörung wegen der Forderungen der Gegner, sondern die Verzweiflung, daß man immer noch nicht das nötige tue, sondern die Reformen tropfenweise gebe. Groeber teilt die Auffassung des Herrn Solf über das Telegramm der Obersten Heeresleitung. General Ludendorff habe bei der Beratung des Waffenstillstandsgesuchs gesagt, er habe monallich ein Defizit von 70 000 Mann und wisse keinen Weg, dieses Defizit zu decken. Wenn jetzt ein Aufruf gemacht werde, müsse er doch das Ergebnis baben, das Defizit zu beseitigen. Es müsse festgestellt werden, ob dazu die militärischen Kläfte noch aufgebracht werden könnten, und zwar mit genauen Lahlen. Dann erst könne man die Fragen der Obersten Heeresleitung prüsen, Fragen von außerordentlicher Tragweite für Deutschland und für die Randstaaten. Man könne doch unmöglich die Nandstaaten, die man geschaffen habe, und die einen militärischen und wirtschaftlichen Wall gegen den Osten bilden sollten, dem Bolschewismus ausliefern. Vielleicht habe man versäumt, in der Swischenzeit eine Polizeitruppe aus der Bevölkerung zu bilden, das sei jetzt zu srät. Darum glaube er nicht, daß dort viele Truppen verfügbar seien. Es genüge nicht, nur Erzellenz Ludendorff zu fragen, sein Urteil sei nicht mehr allein maßgebend. Man müsse sich mit andern Hecerführern im Westen ins Benehmen setzen. Das Kabinctt brauche diese Rückendeckung, und zwar aktenmäßig. Weiter sei der Staatssekretär des Reichsmarineamts darüber zu hören, ob sich Vorfälle wie bei Versenkung des „ Leinster nicht vermeiden lassen. Was den Aufruf zum Endkampf anlange, so sei es widerspruchsvoll, das ganze Volk einschließlich der deutschen Polen zur Hergabe des letzten Blutstropfens aufzufordern und dabei die Aus- nahmegesetze nicht aufzuheben. Das entspräche nicht der großen Gefahr, in der wir schweben. Was habe es für einen Jweck, wenn das Kabinett sich abmühe, Mittel zur Besserung der Lage zu finden und dann die wichtigsten Punkte nicht durchgeführt würden. In der Frage Liebknecht lasse sich manches Für und Wider sagen, aber man habe be- schlossen, ihn zu amnestieren, dann dürfe nicht gesagt werden, das sei unmöglich, damit werde das Kabinett entwertet. Scheidemann: Und die Amnestie ebenfalls. Groeber: Diese Fehler machen einen Aufruf gegenwärtig unwirksam. Man müsse aber General Ludendorff fragen: Wie denke er sich die Durchfüh- rung — wie lange soll sie wirken? Je länger man gegen die Ubermacht kämpfe, mit um so schwereren Rückschlägen müsse es enden. Im Anfang des vorigen Jahrhunderts sei es anders gegangen, weil die Voraussetzungen vorgelegen hätten. von Payer unterstützt den Antrag, auch andere Heerführer zu hören und fragt, ob die früheren Angaben des Generals Ludendorff festgelegt seien. von Haeften erwidert, die Aufzeichnungen darüber lägen teils in der Reichs- kanzlei, teils im Auswärtigen Amt. Graf Nödern bezweifelt, ob die andern Heerführer zugezogen werden könnten.