— 79 — darum, ob der Verzweiflungskampf aufgenommen werden muß, so können wir auch auf die Ukraine verzichten und werden dann versuchen, durch Schmuggel unsere Bestände zu vermehren. General Ludendorff: Ich weise nochmals darauf hin, daß jetzt aus den Ostgebieten ungefähr eine Million Menschen ernährt werden, die wir dann selbst mit verpflegen müßten. Staatssekretär von Waldow: Dann müßte mir zuvor angegeben werden, welche Verpflegungssätze, welche Quantitäten in Frage kommen. « General Ludendorff: Ich werde den Generalquartiermeister veranlassen, die Frage mit Ihnen einwandfrei zu klären. Uns hat das Kriegsernährungsamt wiederholt gesagt, wir müßten die Ukraine halten. Darüber muß einwandfrei Klarheit herrschen. Brauchen wir die Ukraine nicht, um zu leben, so handelt es sich nur um so viele Truppen, um die Gefahr des Bolschewismus von den Grenzen zu halten. Staatssekretär von Waldow: Als ich die Notwendigkeit der Ukraine bejahte, war die Lage eine ganz andere. General Ludendorff: Wenn wir die Ukraine aufgeben, kommt unsere Viehwirt- schaft zum Erlahmen. Die Frage ist aber nicht so eilig. Es rollen Truppen von Oster- reich nach Rumänien auch aus der Ukraine. Es müssen nur grundsätzlich klare Ent- schlüsse gefaßt werden. Unterstaatssekretär Göppert: Ein Kommissar aus Kiew, den ich vor einer Stunde gesprochen habe, bestätigte mir, daß eine Hoffnung, größere Mengen Getreide in diesem Winter aus der Ukraine herauszubekommen, nicht besteht. Auch die Preise werden das verhindern. Man zahlt jetzt schon 3000 Rubel fr. Auch die Menge der anderen Lebensmittel ist nicht so groß, daß sie für die Ernährung des deutschen Volkes wesentlich in Betracht käme. Dagegen herrscht die Uberzeugung, daß das Jurück- ziehen der deutschen Truppen sofort das Aufflammen des Bolschewismus mit allen seinen Folgen nach sich ziehen würde. Der Kristallisationspunkt für eine Beruhigung der russischen Girung würde verschwinden, ganz Rußland wäre dem Bolschewismus aus- geliefert, unsere Anknüpfungen in Südrußland zerreißen. Das muß doch auch erwogen werden. « Der Reichskanzler: Das Auswärtige Amt hat Schritte getan, um aus Rumänien zu sichern, aber es ist möglich, daß Rumänien vorzieht, unsere Jerschmetterung abzu. warten. Will man Rumänien im Notfall zwingen? General Ludendorff: Mit dem Auswärtigen Amt haben wir die Gefahr erkannt und ihre Haltung erörtert. Am 10. Oktober schlugen wir vor, Rumänien gemeinsam mit Osterreich zu zwingen. Österreich wollte nicht. An sich hatten wir genug Truppen, einige kommen langsam aus Ungarn heran, dazu zwei Divisionen Österreicher und eine Kavalleriedivision aus der Ukraine, die General von Arz herangezogen hat. Die rumänische Armee allein wird nicht losschlagen, nur wenn Ententetruppen in größerer Bahl zu ihr stoßen. Solche Truppenbewegungen sind jetzt im Gange. Eine wird jetzt über Nisch in Richtung auf Belgrad angesetzt, eine andere, wie es scheint, über die Marizza-Mündung gegen Konstantinopel. Soweit ich die Lage nach den eingegangenen Nachrichten überhaupt einschätzen kann, ist für die nächste Woche nichts zu besorgen. Der Reichskanzler: Ich bitte das Auswärtige Amt sich dazu zu äußern.