Einleitung. Will man die juristische Bedeutung des Thronverzichts er- kennen, und die dogmatischen Streitfragen, die sich an ihn knüpfen, kritisch beleuchten, so bedarf es zunächst einer kurzen Betrachtung, welche geschichtlichen Beispiele an Thronverzichten überhaupt im Laufe der Jahrhunderte feststellbar sind. Wir wollen nicht alle Fälle der Weltgeschichte an dieser Stelle chronologisch aneinander reihen, sondern im folgenden nur die herausgreifen, die durch die Eigenart der Form oder der begleitenden Umstände geeignet er- scheinen, eine rechtswissenschaftliche Abhandlung über Wesen und Bedeutung des Thronverzichts zu rechtfertigen. Wenn auch vorliegende Schrift sich nur mit dem Thron- verzicht nach deutschem Staatsrecht beschäftigen will, müssen wir doch im geschichtlichen Teil auch wichtige außerdeutsche Beispiele erwähnen, um ein möglichst klares Bild der außerordentlichen Tragweite des Vorgangs zu gewinnen. Wertvolle und für unsere Untersuchungen bedeutsame Beispiele des Thronverzichts finden wir in der Geschichte erst zu Beginn des Mittelalters; denn wenn uns auch aus dem Altertume einige Fälle, wie z. B. die Abdankungen Diocletians und Maximians überliefert sind, so bieten sie doch durch das völlige Fehlen der sie begleitenden brauchbaren Berichte über den Vorgang selbst für die wissenschaftliche Untersuchung nur äußerst wenig. Recht häufig begegnen wir dem Thronverzicht in deutschen Landen im Laufe des Mittelalters und der Neuzeit, und zumeist müssen wir fest- stellen, daß er mehr oder weniger freiwillig erfolgte. Der erste feststehende, überlieferte und nachprüfbare freiwillige Thronverzicht