— 14 — man sich bereits damals der rechtserheblichen Bedeutung dieses Schrittes bewußt. Außerdem ist es historisch wichtig, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß Karl V. in der Überzeugung von der Recht- mäßigkeit seines Schrittes den Kurfüsten es überließ, sich mit der vollendeten Tatsache abzufinden. Es ist auch wohl kaum an- zunehmen, daß Kaiser Karl sonderliche Rücksicht auf die Antwort der Kurfürsten genommen hätte, trotz der Außerung seiner Ge- sandten: „Kaiser Karl werde wegen der angenommenen Resignation sonderes Frohlocken tragen“'130. Ein ganz anderes Bild einer Abdankung finden wir bei Franz II. Durch den Sieger Napoleon bezwungen, legte er am 6. August 1806 die Krone des alten deutschen Reiches nieder. Graf Stadion 19 hatte rechtzeitig gewarnt: „Es sei nicht angängig, eine Würde dem Namen nach zu behaupten, deren Rechte und Pflichten nicht ausgeübt werden können“. Da der Kaiser auf diesen wohlgemeinten Rat nicht hörte, mußte er später, seiner Macht beraubt, unter dem Druck der Verhältnisse, nicht wie Karl V. aus eigenem Antrieb, entsagen. Wertvolle Beispiele liefert uns auch die Geschichte der deutschen Landesfürsten. In Brandenburg-Preußen bietet die Geschichte zwar nur einen Fall einer Thronentsagung: den Verzicht Kurfürst Friedrichs II. im Jahre 1470 15), doch ist an diesem bemerkenswert, daß der Abdankende sein Recht nur zugunsten seines folge- berechtigten Bruders aufgab. Ebenfalls durch die Art der hinzugefügten Bedingung be- achtenswert ist der Thronverzicht des Landgrafen Moritz I. von Hessen-Cassel im Jahre 1627. Er sicherte sich ein „jährliches Deputat“ und den eventuellen Rücktritt zur Regierung, damit 13) Moser, Teil VII, & 45ff. 14) Adolf Beer, Zehn Jahre österreichische Politik 1801—10, S. 228ff. 15) Riedel, Märkische Forschungen VI, S. 223ff.