— 42 — lehnt die Fiktion, die bei den oben erwähnten Schriftstellern notwendig aufgestellt werden muß, als eine Ungeheuerlichkeit ab. Es ist ja auch nicht einzusehen, mit welcher Berechtigung man die Voraussetzung aufstellt, die Verzichtserklärung müsse im Moment des eigentlichen Thronanfalls als wiederholt fingiert werden, was die Folge ergeben müßte, oder wenigstens ergeben könnte, daß dem Betreffenden Anspruch auf Titel und Ehren- rechte entstände, weil er ja, zumindest einen Augenblick, Herrscher gewesen ist. · Dagegen steht die Lehre, der wir uns anschließen wollen, auf dem Standpunkt, daß eine Thronfolgeablehnung seitens eines bloßen Anwärters absolut unzulässig ist. So sagt Triepel (Streit um die Thronfolge im Fürstentum Lippe S. 107): „Kann doch auch nach richtiger Anschauung niemals der Thronanwärter, sondern nur der Throninhaber auf den Thron verzichten“. Schlagend wird diese Ansicht begründet von Abraham?s): „Die Thronfolge- ordnung, als Bestandteil der Verfassung, gehöre zu den staatlichen Anordnungen, die zwingende Rechtssätze aufstellt; nur von den Organen des Staates könne sie abgeändert werden, aber nicht von Prinzen, die nicht die Fähigkeit besitzen, als Staatsorgane zu handeln. Auch eine etwaige Annahme der Verzichtserklärung eines Anwärters durch den Regierenden und gegebenenfalls sogar durch das Staatsministerium, wie es z. B. beim Verzicht des Herzogs Max von Sachsen geschah, kann die Verfassung nicht ändern. Unserer Ansicht nach ist es überhaupt unzulässig, die Thron- folge im voraus abzulehnen, und da außerdem der Verzicht eine einseitige Erklärung ist, kann eine Genehmigung durch den Mon- archen nichts ändern. Auf diesen von uns eingenommenen Standpunkt stehen Walz (Baden S. 45) und außerdem Binding (S. 20ff. seines „Thronfolgerechts der Kognaten in Luxenburg") und Jellinek („System des subjektiven öffentlichen Rechts“). Man kann ihn als den Standpunkt der herrschenden Meinung bezeichnen. 78) Thronverzicht nach deutschem Staatsrecht, Berlin 1906, S. 104.