— 25 — Kaiser ausgefertigt und verkündet sei 20). Demgegenüber hat Hubrich in einer eingehenden Antersuchung den Nachweis erbracht, daß gerade die von Arndt für seine Ansicht als Gewährsmänner benannten Schriftsteller durchaus auf dem Bo- den des materiellen Gesetzesbegriffes stehen 21) und daß die Rechtsprechung auch für die Zeit nach Erlaß der preußischen Verfassungsurkunde diesen materiellen Begriff ihren Entschei- dungen zugrunde gelegt hat 22). MaacW alledem wird man für das verfassungsmäßige Staats- recht in Dreußen den Anterschied zwischen Gesetzen in ma- teriellem und in formellem Sinne als bestehend anerkennen müssen. Berücksichtigt man ferner, daß Art. 5 d. RV. dem Art. 62 der preußischen Verfassungsurkunde nachgebildet ist, so muß man dieselbe Bedeutung wie dem Art. 62 d. preuß. Ver- fassungsurkunde auch dem Art. 5 d. RW. beilegen und also auch für das Reich den Anterschied zwischen Gesetz im materiellen und formellen Sinne annehmen. Diesem SDoppelbegriff des Gesetzes stellt Laband nun den Doppelbegriff der Verordnung gegenüber. Die materielle Verordnung enthält keinen Rechtssatz, sondern ist eine An- ordnung auf dem Gebiete der Verwaltung, eine Ausübung der freien Regierungstätigkeit oder der Gesetzesvollziehung 23). Als formelle Verordnungen bezeichnet man die von ihrem Inhalt losgelösten Willensakte des Staates, an derem Erlaß der Volks- vertretung eine Mitwirkung nicht zukommt. Da der formelle Verordnungsbegriff im Gegensatze zum formellen Gesetzesbegriff alle Willensakte des Staates umfaßt, die sich im Wege der Verordnung vollziehen, so zerfallen die Verordnungen im formellen Sinne ihrem Inhalte nach in Rechtsverordnungen und Verwaltungsverordnungen. « 20) Arndt, Staatsrecht, S. 162. 21) Hubrich, in Annalen S. 804aff. 22) Ebenda S. 808ff. 23) Siehe Laband, Staatsrecht, Bd. 1I S. 85.