5. Die Anfünge des süchsischen Stüdtewesens. Von H. Ermisch. Fest auf keinem Gebiete der deutschen Geschichte ist seit Jahrzehnten so viel gearbeitet worden und wird auch heute noch soviel gearbeitet, als auf dem der Geschichte des deutschen Städtewesens; die Litteratur ist beinahe un- übersehbar. Aber diese Litteratur bezieht sich mehr auf die ältere städtische Kultur, wie sie der Westen und Süden Deutschlands aufweist, als auf die jüngere Entwickelung des Städtewesens in den Kolonisationsgebieten des Nordens und Ostens. Speziell unsere Gegenden fangen erst in neuester Zeit an, die Forschung lebhafter zu beschäftigen. Es ist das vollkommen begreif- lich. Eine allgemeine Darstellung der Geschichte des Städtewesens kann nur dann das Richtige treffen, wenn sie sich auf eine möglichst vollständige Kenntnis der Einzelerscheinungen stützt; es muß ihr also die erschöpfende Untersuchung der Geschichte einzelner Städte vorhergegangen sein. Nun ist man ja schon seit Jahrhunderten auf dem Gebiete unserer Ortsgeschichte nicht unthätig gewesen; von jeher war es die Sehnsucht jeder größeren und kleineren Stadt, eine Stadtchronik zu besitzen. Aber jeder, der sich in die gewaltige Menge dieser Städtegeschichten hineinarbeitet, um die allgemeinen Gesichtspunkte, das überall Gleichartige, die Grundlagen herauszufinden, auf denen die Städte entstanden sind, wird weitaus die meisten enttäuscht bei- seite legen, weil die Chronisten gerade für diese allgemeinen Verhältnisse wenig Verständnis hatten, sondern an lokalen Einzelheiten kleben blieben. Wohl giebt es einzelne rühmliche Ausnahmen ich nenne als solche beispielsweise die Werke von C. S. Hoffmann über Oschatz (1813), von Chr. G. Herzog über Zwickau (1839 ff.), von Emil Lorenz über Grimma (1856), von H. Wuttke über Leipzig (1873), von C. W. Zöllner über Chemnitz (1888), vor allen aber Otto Richters Verfassungs= und Verwaltungsgeschichte von Dresden (1885 ff.); manche gediegene Einzeluntersuchung enthalten die Zeitschriften der ortsgeschichtlichen Vereine, die in den letzten Jahrzehnten bei uns in größerer Zahl entstanden sind,