vor Aristoteles und Platon. 121 seinen Thatsachen, mit seiner Wahrheit dem entgegen. Oft wi- dersprechen sich beide geradezu; oft decken sie sich nicht ; noch öfter aber, ja fast gewöhnlich hängen sie gar nicht zusammen. Und dennoch sind sie innerlich offenbar Eins. Es muss mithin etwas geben, was sie ‚beide umfasst; Thatsache und Princip, Zustand und Begriff, Wirklichkeit ‘und Theorie, beide gleich stark, gleich lebendig, fordern gegenseitig in ihrem Geiste, was sie, jede für sich, nicht mit sich gebracht. Da beginnt nun ein Kampf; die Härte des Einen stösst sich an der Schärfe des Anderen, die Zähigkeit des Einen ringt mit der Consequenz des Andern; es kann .das Eine nicht geleugnet, das Andere nicht aufgegeben werden; es kann das Eine nicht genügen ohne das Andere, das Andere sich ohne das Erste nicht erfüllen; und wie jenes nicht möglich ist für den Geist ohne dieses, so hat dieses keine Wahr- heit ohne jenes in der Wirklichkeit. Wer wird siegen in diesem Kampfe, einem Kampfe der nicht mehr die Mühe des Verstehens und Lernens ist, sondern vielmehr die schöpferische Arbeit einer neuen Anschäuung ? Es ist klar, weder wird das Eine noch auch das Andere allein gewinnen. Sondern es wird der abstracte Begriff sich gleichsam einen Körper gewinnen an der praktischen Frage; er wird die allgemeine Wahrheit für das Wissen in demjenigen finden, wo sie für seine praktische Thäligkeit liegen würde; oder er wird die Anwendung seiner Theorie auf die gegebenen Gegensätze und Fragen seiner Mitwelt für die letzte iheo- retische Wahrheit halten. Dann wird sich ihm eine neue Welt öffnen. Er hat für seine theoretische Fähigkeit ein bestimmtes Gebiet; er hat Gegner, er hat Freunde, er hat Aufgaben und Anwendungen; ohne dass er es weiss, ist jener abstracte Begriff der logischen Wahrheit verschwunden, und an seiner Stelle steht ein anderer, der oft weniger Consequenz , aber immer mehr praktisches Gewicht hat, ein Begriff oder ein System, die auch für andere Menschen, für andere Dinge Geltung haben, als bloss für ihn, weil sie eben aus anderen Menschen und anderen Dingen zugleich mit hervorgegangen sind; ein Begriff bei dem er sich beruhigt, weil er in seinem Sinne handeln kann, und der weni- ger Zweifel erregt, weil er aus gegebenen Dingen hervorgehend, die gegebenen Dinge auch zu erklären vermag. Und erst dann,