über Armenpflege und Heimathsrecht, 325 ist vollkommen irrig und durch die Thatsachen hinreichend widerlegt. Die Zahl der unzeitigen und leichtsinnigen Ehen, welche geschlossen werden, ohne dass Jugendersparnisse der häus- lichen Wirthschaft zum Grunde liegen, und ohne dass Aussicht vorhanden ist, durch den Verdienst des Mannes allein oder doch vorzüglich die steigenden Bedürfnisse der Familie bestreiten zu können, hat in besorglicher Weise zugenommen. Nicht allein der Erwerb der Frau erscheint meistens neben dem Verdienst des Mannes als unentbehrliche Stütze des Haushaltes, ohne Rücksicht darauf, dass sie durch die Pflichten der Mutter und Hausfrau häufig verhindert werden wird, eine lohnende Beschäf- tigung zu verrichten, sondern auch die Kinder müssen schon in zarter Jugend auf eine ihre körperliche sowie ihre geistige und sittliche Bildung. beeinträchtigende Weise zum Verdienst des Hausstandes beitragen. Dieser Zustand wird als der unvermeidliche, unabän- derliche angesehen; sonach gilt denn auch die Schliessung der Ehen auf diese Grundlage hin, oder vielmehr ohne Grundlage an Kapital und Kraft — für kein Unrecht. Was nicht verboten ist, was bei den schwachen ‚Banden der Familie und des Dienst- verhältnisses Niemand zu tadeln sich berufen oder berechtigt hält, gilt für erlaubt, und verliert mit der Häufigkeit der Beispiele zulezt alles Anstössige. So entwickelt sich auf dem Lande die Sitte des kaum getadelten Umganges von Knecht und Magd, und die Schliessung der Ehe, noch bevor das Dienstverhältniss abge- laufen und auch nur eine Wohnung besorgt ist. _ Die Zustände der Fabrikarbeiter sind häufig genug Gegenstand der ausführlichsten Untersuchungen und Erörterungen geworden. Wir begnügen uns daher mit der Verweisung auf die treffiende Darstellung eines hochverdienten und geachteten Mannes, in welcher nachgewiesen ist, wie leicht (und leider wie oft) die Fabrikarbeiter in eine Lage gerathen, welche zur Auf- lösung des Familienlebens führt und nicht nur die Fortdauer, son- dern die stete Verschlimmerung unerträglicher Verhältnisse zur Folge hat '). 1) Siehe die von Staaterath Hoffmann in seiner Lehre von der Ge-