Studien über württembergische Agrarverhältnisse. 429 zeigt, so hat diess gewiss seinen nächsten Grund in der Neuheit der ganzen Sache, im mangelnden Unternehmungsgeist unsrer Kapitalisien, in der Furcht, wegen eines derartigen Verfahrens als Wucherer verschrieen zu werden, am meisten aber wahr- scheinlich in der Unlust, mit solchen Gemeinden selbst in unmit- telbare Berührung zu kommen. Das Alles aber sind nur er- schwerende, keine absolut hindernde, Momente und wenn die jelzige Nothzeit noch einige Jahre anhalten und ihre verderb- lichen Wirkungen auf den Vermögensstand unsrer Gemeinden fortsetzen, oder wenn eiwa gar ein Krieg ausbrechen und die wirthschaflliche Noth noch vermehren sollte, so ist nicht im min- desten daran zu zweifeln, dass die nothwendig gewordene Ver- änderung auf dem bezeichneten Wege eintreten wird. Drängt sich aber, wenn man die jetzige Lage der Dinge ins Auge fasst, nicht von selbst der Gedanke auf, dass hier ein passendes Feld für die Thätigkeit des Staats sey, dass dieser sich bei der Veränderung direkt betheiligen sollte ? Bekanntlich hat der Staat bei uns gegenwärtig in grossen Beträgen Ablösungskapilalien einzunehmen. Die ganze ihm auf diesem Wege zufliessende Summe wird trotz des höchst ungün- stigen und unbilligen Ablösungsmodus auf etwa 30 Millionen be- rechnet. Von dieser Summe wird nun ein siarker Theil für die neuen Eisenbahnen, ein andrer Theil wird, was gewiss ganz zu billigen ist, zur Vergrösserung der ärarischen Forsten verwendet werden. Immerhin aber wird ein beträchtlicher Theil zur Er- werbung von landwirthschaftlichem Areal verwendet werden kön- nen und müssen. Nun kann der Staat allerdings von diesem Theil des Kapitals vorzugsweise grössere Güter zu erwerben suchen und es ist zuzugeben, dass diese für ihn bequemer und selbst hie und da vortheilhafter zu erwerben seyn werden, ob- gleich die Preise dieser Güter in der jelzigen Kreditkrisis nicht so stark gefallen, wie die der kleinen Güter, da und dort sogar gestiegen sind. Nichts würde aber die Finanzverwaltung hindern, ebenso auch kleine Güter zu kaufen und daraus grössere zu bilden. Je nach den Verhältnissen einer Gemeinde könnte diess in grösserem oder kleinerem Umfang geschehen; es könnte aber