Staatsbibliothek des ewigen Bundes Logo
  • Show double pages
Use the mouse to select the image area you want to share.
Please select which information should be copied to the clipboard by clicking on the link:
  • Link to the viewer page with highlighted frame
  • Link to IIIF image fragment

Meyers Großes Konversations-Lexikon. Erster Teil. (1)

Access restriction

There is no access restriction for this record.

Copyright

Public Domain Mark 1.0. You can find more information here.

Bibliographic data

fullscreen: Meyers Großes Konversations-Lexikon. Erster Teil. (1)

Multivolume work

Persistent identifier:
meyer_konversationslexikon
Title:
Meyers Großes Konversations-Lexikon.
Document type:
Multivolume work
DDC Group:
Sprache
Copyright:
Ewiger Bund

Volume

Persistent identifier:
meyer_konversationslexikon_1_1916
Title:
Meyers Großes Konversations-Lexikon. Erster Teil.
Volume count:
1
Place of publication:
Leipzig und Berlin
Publisher:
Bibliographisches Institut.
Document type:
Volume
Collection:
deutschesreich
Publication year:
1916
DDC Group:
Sprache
Copyright:
Ewiger Bund
Language:
German

Contents

Table of contents

  • Meyers Großes Konversations-Lexikon.
  • Meyers Großes Konversations-Lexikon. Erster Teil. (1)

Full text

Schäfer: Von deutscher Art 3 
zeln oder in Haufen. Blieb doch ihr Heimatland eine 
vagina gentium. Man begegnet unter diesen Deut- 
schen in fremden Landen und in fremdem Dienst man- 
chem Manne von stolzem Selbstbewußtsein; aber die 
große Masse mußte sich doch schicken und anschmiegen. 
»Mit dem Hute in der Hand kommt man durch das 
anze Land.= Wem es glückte, der verdankte seinen 
Erfolg doch meistens nicht allein seiner Tüchtigkeit, 
sondern auch seiner Fügsamkeit. Wollte man die 
mannigfachen Redensarten unserer Nachbarvölker 
elten lassen, so könnte man gar auf bedenklichere 
Age schließen. Dazu kam, daß so mancher da draußen 
sich eine Stellung erringen konnte, zu der er daheim 
keine Möglichkeit gesehen hatte, und daß er häufig in 
Lebensformen eintrat, die ihm gegenüber den heimi- 
schen überlegen erscheinen mußten. Wenn trotzdem 
nicht nur Hunderttausende, sondern Millionen Deut- 
scher draußen Sprache und Art nicht nur durch Jahr- 
zehnte, sondern durch Jahrhunderte treu bewahrten, 
besonders da, wo sie — wie im weiten Russischen 
Reiche — inmitten weniger entwickelter Kulturen sich 
ansiedelten, so spricht das nicht gerade für einen 
Mangel an nationaler Widerstandsfähigkeit, so man- 
cher auch dem angestammten Wesen den Rücken ge- 
kehrt, ja es grundsätzlich verleugnet hat. 
Politische Begabung. Die Germanen, die das 
Römische Reich betraten, sind im römischen Wesen 
untergegangen. So sagt man, und es ist richtig, so- 
weit die Sprache, alles Schrifttum und was damit 
zusammenhängt, in Frage kommt. Ja, es gilt das 
für das Schrifttum weit über die alten Römergren- 
zen hinaus. Länger als ein halbes Jahrtausend hat 
die lateinische Sprache abendländisches Geistesleben 
so gut wie allein beherrscht. Doch diese Beobachtun- 
gen bieten sich zwar dem Blick zunächst dar, bleiben 
aber auf der Oberfläche. Das Germanentum hat den 
romanischen Völkern und Staaten seinen Stempel viel 
tiefer und nachhaltiger aufgedrückt als umgekehrt. 
Zunächst hat es ihnen Herrscher und Leiter gegeben. 
Nicht nur die Fürsten-, sondern auch die Adelsgeschlech- 
ter der romanischen Länder sind germanischen Ur- 
sprungs. Die Eroberer waren das Herrenvolk! Durch 
ihr Vorbild ist in den unterworfenen Gebieten, deren 
Bevölkerung die Einbrechenden »wie Schafe vor sich 
hergetrieben hatten, wieder kriegerische Kraft geweckt 
worden. 
Es ist aber auch deren öffentliches Leben von Grund 
aus umgestaltet worden. Die maßgebenden Institu- 
tionen der mittelalterlichen Reiche sind germanischen, 
nicht römischen Ursprungs. Von römischer Verfassung 
und römischen Einrichtungen haben sich in Regierung 
und Verwaltung, in Recht und ständischer Gliederung 
und gar erst im Heerwesen höchstens Außerlichkeiten 
erhalten, zumeist Wörter ohne den alten Inhalt. Erst 
nach Jahrhunderten haben, unter der Führung der 
römischen Kirche, ältere Staatsgedanken wieder Beach- 
tung und teilweise Geltung errungen, noch später, ge- 
fördert vom mittelalterlichen römischen Kaisertum, 
römisches Recht. Wenn man die ins Römerreich ein- 
dringenden Germanen als Barbaren bezeichnet, so h 
waren es jedenfalls Barbaren, die es verstanden, auf 
allen grundlegenden Gebieten des öffentlichen Lebens 
ihre eigenen Anschauungen an die Stelle derjenigen 
zu setzen, die in der vielgepriesenen römischen Kultur 
herrschten, an die Stelle leerer und hohler Formen 
zwar einfaches und durchsichtiges, aber kräftiges, ent- 
wicklungsfähiges, zukunftreiches Leben. 
Kein Zweifeldaher, daß die Germanenüber 
einen reichen Schatz politischer Begabung 
verfügten. Sieverstandennichtnurzununter- 
werfen, sondern auch zu herrschen und zu 
regieren. 
ie rasch und richtig hatte doch Armin in kurzem 
Aufenthalt römische Art erkannt, und wie hatte sich 
das sinkende römische Staatswesen eines Stilicho, 
Arbogast, Ricimer und so manches anderen Germanen 
in leitender Stellung bedient! Heute hört man so oft 
Klagen über deutschen Mangel an politischem Ver- 
ständnis und nicht immer ohne Grund; in ursprüng- 
licher Anlage liegt das nicht. 
Persönlichkeit. Als ein Vorzug germanischen 
Wesens wird besonders gern die Individualität, die 
stark entwickelte Persönlichkeit gepriesen. Daß er be- 
stünde gegenüber Griechen und Römern in den Zeiten 
ihrer aufblühenden Kultur, könnte bestritten werden; 
daß er vorhanden war, als die Germanen die Führung 
der Welt übernahmen, und daß er ihnen bis heute er- 
halten blieb, ist nicht ernstlich anzuzweifeln. Er konnte 
aber im Mittelalter kein Moment staatlicher Stärke, 
sondern nur ein solches staatlicher Schwäche sein. 
Beim Emporkommen der Staatenlenker spielt das Her- 
kommen, adlige und freie Geburt, eine entscheidende 
Rolle; aber die Zahl der Geschlechter, deren Ange- 
börige ihre Hände nach dem Höchsten ausstrecken 
onnten, war nicht gering, ja schier unerschöpflich. 
So entbrannte der Kampf der Herrscher und der 
: Großene, der einen so wesentlichen Teil mittelalter- 
licher Geschichte ausmacht. 
Es gibt, wenn man von der Schweiz absieht, keinen 
europäischen Staat und hat keinen gegeben, der nicht 
von einer Dynastie begründet worden wäre, oder bei 
dessen Entstehen nicht eine Dynastie entscheidend mit- 
gewirkt hätte. Die Völker gaben nur den Stoff her, 
der, bestenfalls geschlossen, gesormt wurde. Ins- 
besondere Deutschland kennt nur dynastische Staaten, 
wenn mannichtetwa die Reichsstädte heranziehen will. 
Von Reuß und Schwarzburg bis hinauf zu Preußen 
und ÖOsterreich sind alle deutschen Staaten Schöp- 
fungen ihrer Fürstenhäuser; man muß bestreiten, daß 
die Bewohner irgendwelchen Anteil an ihrem Zu- 
sammenwachsen hatten. Daß Deutschlands Herrscher 
Inhaber des universalen Römischen Kaisertums wur- 
den und dadurch zur Leitung der Kirche, zum Papst- 
tum, in enge Beziehungen traten, hat noch besonders 
mitgewirkt, die politische Zersplitterung zu fördern. 
Die Kleinstaatereie hat naturgemäß den Blick be- 
engt. Durch Jahrhunderte, man kann sagen durch 
ein halbes Jahrtausend, hat der Deutsche keinen An- 
laß gehabt, ans Reich zu denken. Seine Interessen 
gingen auf im Einzelstaate; die Reichsstädter wurden 
? Spießbürger. Daß aus solchen Verhältnissen her- 
aus noch ein Freiherr vom Stein möglich war, zeigt, 
daß die alte Begabung noch lebte. Daß die Verhält- 
nisse ihre volle Entfaltung unmöglich machten, hat 
diese echtdeutsche geborene Führernatur schmerzlich 
empfinden müssen. Aus den preußischen Staatsgefühl 
eraus ist uns dann ein Bismarck erstanden, der als 
schöpferisches staatsmännisches Genieneben den Größ- 
ten der Großen zu nennen ist. Wir haben wieder ein 
Reich. Wir haben auch noch die Einzelstaaten; aber 
in allen Lebensfragen unseres Volkes rich- 
tet sich der Blick über die Landesgrenzen 
hinaus auf das Ganze, muß sich dahin rich- 
ten. Unser politisches Leben ist so vielgestaltig und 
17
	        

Downloads

Downloads

Full record

ALTO TEI Full text PDF
TOC
Mirador

This page

PDF Image Preview Image Small Image Medium Image Large Image Master ALTO TEI Full text Mirador

Image fragment

Link to the viewer page with highlighted frame Link to IIIF image fragment

Formats and links

Formats and links

ausgabe:

The metadata is available in various formats. There are also links to external systems.

Formats

METS METS (entire work) MARC XML Dublin Core

Links

OPAC DFG-Viewer Mirador

Cite

Cite

The following citation links are available for the entire work or the page displayed:

Full record

This page

Citation recommendation

Please check the citation before using it.

Image manipulation tools

Tools not available

Share image region

Use the mouse to select the image area you want to share.
Please select which information should be copied to the clipboard by clicking on the link:
  • Link to the viewer page with highlighted frame
  • Link to IIIF image fragment

Contact

Have you found an error? Do you have any suggestions for making our service even better or any other questions about this page? Please write to us and we'll make sure we get back to you.

How much is one plus two?:

I hereby confirm the use of my personal data within the context of the enquiry made.