Rechtsverhältnisse der Untertanen. $ 229. 087
groß genug war, in zweiter Instanz, Forstgerichtsbarkeit, Orts-
polizei, Aufsicht in Kirchen- und Schulsachen und über milde
tiftungen.
Die Bestimmungen der Bundesakte erlangten durch deren
Publikation in den Einzelstaaten gesetzliche Geltung. Meist aber
fand noch eine besondere Regelung der Rechtsverhältnisse der
Standesherren durch Gesetze, Verordnungen oder Verträge statt®.
° In Preußen erfolgte diese Regelung durch V. vom 21. Juni 1815
und Instr. vom 30. Mai 1820. Durch die Verfassung und eine Reihe von Ge-
setzen aus der Zeit von 1848—1850 wurden die Vorrechte der Standesherren
zum großen Teil Keseitigt. Die sogenannte Deklaration der Verf.-Urk. vom
10. Juni 1854 (vgl. über sie die oben Anm. 1 angef. Schrift von Loening)
erklärte jedoch, daß die Bestimmungen der Verfassung der Wiederherstellung
der standesherrlichen Rechte nicht entgegenständen und daß diese Wieder-
herstellung durch königliche Verordnung erfolgen solle. Auf Grund dieses
Gesetzes wurden jedoch zwei königliche Verordnungen vom 12. Nov. 1855
erlassen, von denen die erstere den privilegierten Gerichtsstand der Standes-
herren wieder einführte, die andere bestimmte, daß die Regelung der standes-
herrlichen Verhältnisse durch besondere Verträge mit den einzelnen Häusern
erfolgen solle. Durch G. vom 15. März 1869 haben die daraufhin abge-
schlossenen Verträge die Anerkennung der gesetzgebenden Faktoren nament-
lich hinsichtlich ihrer finanziellen Bestimmungen erhalten, es ist aber be-
stimmt, daß künftighin die Wiederherstellung nur durch G. erfolgen könne.
Auf Grund dieser Bestimmungen sind die GG, betr. die Regulierung des
standesherrlichen Rechtszustandes des fürstlichen Hauses zu Sayn-Wittgen-
stein-Berleburg bezüglich der Grafschaft Wittgenstein-Berleburg und der
Grafschaft Homburg an der Mark, und betr. die Regulierung des standes-
herrlichen Rechtszustandes des fürstlichen Hauses zu Bentheim-Tecklenburg
bezüglich der Herrschaft Rheda und der Grafschaft Hohen-Limburg, vom
25. Okt. 1878 erlassen. In der Provinz Hannover sind nur zwei Standes-
herren: der Fürst von Bentheim, dessen Rechtszustand durch Vertr. mit
Hannover vom 16. März 1823 und die hannov. VV vom 18. April 1823 und
21. Juli 1848 geregelt ist, und der Herzog von Aremberg, dessen Rechts-
verhältnisse jetzt nach den Bestimmungen des preuß. G. vom 27. Juni 1875
zu beurteilen sind. Für das ehemalige Kurhessen kommen in Betracht
das Ed. vom 25. Mai 1838 und G. vom 13. Nov. 1849. In Nassau ist die
Regelung durch einzelne Rezesse erfolgt, welche nicht publiziert worden sind.
Bayern: Verf.-Urk. Tit. V $ 2. Beilage IV, Edikt, die staatsrechtlichen
Verhältnisse der vormals reichsständischen Fürsten, Grafen und Herren betr.
Württemberg: Verträge mit einzelnen Standesherren (vel. R. v. Mohl,
Württemb. Staatsr. $ 85; v. Sarwey, Württemb, Staater. 1 310 ff). In Baden
wurden die Rechtsverhältnisse der Standesherren zunächst durch das Edikt
vom 28. April 1818, die Rechtsverhältnisse der vormaligen Reichsstände und
Reichsangehörigen betr., geregelt, doch gelangte dieses Edikt, ungeachtet -
es die Bad. Verf. im $ 28 zu einem integrierenden Bestandteil ihres Textes
erklärte, nicht zur Durchführung, nachdem die Standesherren dagegen Be-
schwerde bei dem Bundestage erhoben hatten. Ebensowenig wurde das
hiernächst erlassene Edikt vom 16. April 1819, welches den Wünschen der
Beschwerdeführer entgegenkommen wollte, in Vollzug gesetzt, da der in-
zwischen in Wirksamkeit getretene Landtag es als verfassungswidrig be-
zeichnete und e° en seine Ausführung Widerspruch einlegte. Schließlich
wurden die Ver höltnisse der Standesherren durch landesherrliche Verord-
nungen („Deklarationen“) auf Grund von Vereinbarungen mit den einzelnen
Familien geregelt. Vgl. Walz, Bad. StR 27ff. Hessen, Ed., die Rechts-
gerhältnisse er Standesherren betr., vom 18. Juli 1858 (van Calker, Hess.
tR 18ff.).