0090 Zweiter Teil. Viertes Buch. $ 229.
Gesetzbuches für das Deutsche Reich zustehen, aber nur nach
Maßgabe der Landesgesetze!®. Die Landesgesetzgebung ist also in
der Lage, die bestehenden autonomischen Befugnisse zu erweitern,
einzuschränken oder auch vollständig zu beseitigen. Vor dem
bürgerlichen Gesetzbuche konnten auf Grund der standesherrlichen
Autonomie Vorschriften erlassen werden, welche von den landes-
gesetzlichen abwichen; dagegen gingen reichsgesetzliche Normen
den autonomischen unbedingt vor. Nachdem aber im Einführungs-
gesetz zum bürgerlichen Gesetzbuch die Autonomie ausdrücklich
vorbehalten ist, können auch Bestimmungen dieses Gesetzbuches
durch autonomische Satzungen geändert werden. Dagegen ist dies
nicht möglich hinsichtlich der Vorschriften solcher Reichsgesetze,
welche neben dem bürgerlichen Gesetzbuche in Kraft bleiben !#.
Weitere Rechte sind: 8. die Freiheit vom Militärdienst!®;
4. Befreiung der Wohngebäude von der Einquartierungs-
last im Frieden!®; 5. das Recht der Austräge, d.h. eines
Gerichtes von Standesgenossen in Kriminalsachen, soweit es bisher
durch Landesgesetze gewährt war, auch nach der Reichsjustiz-
gesetzgebung!’; 6. privilegierte Stellung hinsichtlich der
Besteuerung'!®; 7. das Recht der Landstandschaft'®,
ı8 EG zum BGB Art. 58.
!* In den Materialien zum dritten Abschnitt des Entwurfes eines Ein-
führungsgesetzes zum BGB werden als Reichsgesetze, durch welche der
Autonomie der Mediatisierten bisher Schrankee gezogen waren, und welche
neben dem BGB in Kraft bleiben, namentlich das G. über die Beurkundung
des Personeustandes und die Eheschließung vom 6. Febr. 1875 und das G.,
betr. das Alter der Großjährigkeit, vom 17. Febr. 1875 angeführt. Nun ist
aber der Volljährigkeitstermin durch das BGB $ 2 geregelt, das G. vom
17. Febr. 1875 also insällig geworden, die Bestimmungen des G. vom 6. Febr.
1875 über die Form der Eheschließung sind ebenfalls aufgehoben und durch
die Vorschriften des BGB ersetzt worden (EG Art.46). Die Voraussetzung,
daß diese Gesetze neben dem BGB in Kraft blicben, trifft also nicht zu.
(AM betreffs des Lorsonenstandsgenetzes: Schücking in der DJZ 1908 49.)
Angesichts der vorhin erwähnten Äußerung der Motive, gegen die von keiner
Seite Widerspruch erhoben ist, wird man jedoch annehmen dürfen, daß
nach Absicht der gesetzgebenden Faktoren solche Schranken, welche der
Autonomie der standesherrlichen Häuser in früheren Reichsgesetzen gezogen
waren, durch Art. 58 des EG zum BGB nicht wieder beseitigt werden
sollten (a. M. Sehücking a. a. O.). Vgl. zu der Frage noch Loening, Die
Autonomie usw. 100 ff.
18 RG, betr. die Verpflichtung zum Kriegsdienst, vom 9. Nov. 1867 $ 1.
18 RG, betr. die Quarticrleistung für die bewaffnete Macht während
des Friedenszustandes vom 25. Juni 1868 8 4.
1 EG zum RGVG 87.
18 In Preußen sind die Standesherren für ihre Domanialgrundstücke
von der Grundsteuer und für die zu ihren Standesherrschaften gehörigen
Gebäude von der Gebäudesteuer befreit (G., betr. die anderweite Regelung
der Grundsteuer, vom 21. Mai 1861 $ 4, G., betr. die Einführung einer all-
gemeinen Gebäudesteuer, vom 12, Mai 1861 $ 3, G., betr. die Regulierung des
standesherrlichen Rechtszustandes des fürstlichen Hauses zu Sayn-Witfgen-
stein-Berleburg bezüglich der Grafschaft Wittgenstein-Berleburg und der
Herrschaft Homburg an der Mark, vom 25. Okt. 1878 $ 11). In den neum
Provinzen gilt jedoch die Befreiung nur insoweit, als sie den Standesherren