Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

1014 Zweiter Teil. Viertes Buch. $ 289. 
Verletzungen der Staatsgesetze ihres Amtes zu entsetzen oder für 
unfähig zu erklären, dasselbe weiter auszuüben®. Durch die 
neuere Gesetzgebung sind diese Bestimmungen meist wieder be- 
seitigt worden®. Dagegen hat die Verurteilung eines Kirchen- 
beamten zu Zuchthausstrafe, sowie die Aberkennung der bürger- 
lichen Ehrenrechte oder der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher 
Ämter die Unfähigkeit zur Ausübung des Kirchenamtes und den 
Verlust des Amtseinkommens zur Folge!°. 
8 239. 
Die Aufsicht des Staates über kirchliche Handlungen 
und Anstalten umfaßt folgende Rechte: 
1. Beschränkung und Überwachung der kirch- 
lichen Straf- und Disziplinargewalt. Die allgemeinen 
kirchlichen Straf- und Zuchtmittel dürfen nur dem religiösen 
Gebiete angehören oder die Entziehung kirchlicher Rechte oder 
den Ausschluß aus der kirchlichen Gemeinschaft betreffen!. Als 
Disziplinarstrafen gegen Kirchendiener sind nur Geldstrafen, 
Freiheitsstrafen, welche in bestimmten unter Staatsaufsicht stehenden 
kirchlichen Anstalten (Demeritenanstalten) verbüßt werden müssen, 
beide bis zu einem gesetzlich bestimmten Maximalbetrage, und 
Entfernung aus dem Amte zulässig. Den kirchlichen Disziplinar- 
urteilen, namentlich den auf Entfernung aus dem Amt lautenden, 
welche einen Verlust oder eine Minderung des Diensteinkommens 
zur Folge haben, muß ein geordnetes prozessualisches Verfahren 
vorhergehen®. Kirchliche Straf- und Zuchtmittel sind unzulässig 
wegen solcher Handlungen und Unterlassungen, zu denen die 
® Preuß. G. vom 12. Mai 1873 85 24-36, G. vom 22. April 1375 8 12, 
G. vom 14. Juli 1880 $ 1, G. vom 31. Mai 1882 Art. 2, Bad. G. vom 19. Febr. 
1874 Art, 8 116 d, Hess. G. betr. den Mißbrauch der geistlichen Amtsgewalt, 
Art. 13—24, Sächs. G. vom 29. August 1876 8 14. 
® In Preußen sind die betreffenden Vorschriften zwar nicht förmlich 
aufgehoben, haben aber durch Beseitigung des Gerichtshofes für kirchliche 
Angelegenheiten (G. vom 21. Mai 1886 Art. 9) ihre Anwendbarkeit verloren. 
Bad. G. vom 5. Juli 1888 art. II, Hess. G. vom 7. September 1889 Art. 2. — 
Nur die N. 9 erwähnte Bestimmung des sächsischen Gesetzes ist bestehen 
geblieben, aber schwerlich von praktischer Bedeutung. 
10 Preuß. G. vom 11. Mai 1873, G. vom 29. April 1887 Art. 2 8 4, Bad. 
G. vom 5. Juli 1888 Art. II, Hess. G. vom 5. Juli 1887 Art. 18, Sächs. G. 
vom 23. August 1876 $ 13. | 
ı Preuß. G. vom 13, Mai 1873 $ 1, G. vom 29. April 1887 Art.4, Bad. 
G. vom 5. Juli 1888 Art. III; Hess. G. vom 5. Juli 1887 Art. 2, G. vom 
7. September 1889 Art. 2, Sächs. G. vom 23. August 1876 $ 7. 
Preuß. G. vom 12. Mai 1873 $$ 3—6, G. vom 21. Mai 1886 Art. 8, 
Württ. G. vom 30. Januar 1862 Art. 6, Hess. G., den Mißbrauch der geist- 
lichen Amtsgewalt betr, Art. 6 u. 7. Nach der neucren preußischen Gesetz- 
pebung gelten als Kirchendiener nur solche Personen, welche entweder geist- 
iche oder jurisdiktionelle Funktionen ausüben (G. vom 21. Mai 1886 Art. 6). 
8 Preuß. G. vom 12. Mai 1873 $ 2, @&. vom 21. Mai 1886 Art. 7, Württ. 
G. vom 80. Januar 1862 Art. 6, Hess. (&. vom 7. September 1889 Art. 3.
	        
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