Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Zweiter Teil. Viertes Buch. $ 299. 1015 
Staatsgesetze oder die von der Obrigkeit innerhalb ihrer Zuständig- 
keit erlassenen Anordnungen verpflichten, und wegen Ausübung 
staatsbürgerlicher Rechte, namentlich öffentlicher Wahl- und Stimm- 
rechte*, Eine Vollstreckung kirchlicher Entscheidungen durch 
staatliche Behörden darf nur auf Grund vorgängiger Prüfung statt- 
finden ®, 
2. Überwachung der kirchlichen Anstalten zur 
Ausbildung der Kleriker”. 
8. Genehmigung von Prozessionen und Wallfahrten. 
[Diese fallen unter die Bestimmungen der Gesetze über Aufzüge 
auf öffentlichen Straßen und Plätzen, also des Reichsvereinsgesetzes 
($ 7), soweit nicht die Landesgesetze (vgl. $ 24 RVG) abweichende 
Bestimmungen enthalten®. Meist ist durch die Landesgesetze ge- 
stattet, daß Prozessionen und Wallfahrten, wo und soweit sie her- 
kömmlich sind, der für Aufzüge erforderlichen Polizeierlaubnis 
($ 7 RVG) nicht bedürfen ®]. 
4. Beaufsichtigung der Orden. Einige Gesetzgebungen 
lassen Orden nur auf Grund einer besonderen Genehmigung der 
Staatsregierung zu!®. Andere verbieten grundsätzlich alle Orden 
oder untersagen wenigstens die Errichtung neuer Niederlassungen 
und machen davon nur zugunsten gewisser Orden eine Aus- 
nahme!!, Noch andere lassen Orden, welche bestimmte, gesetzlich 
  
  
* Bad. G. vom 19. Februar 1874 Art. 3, $$ 16b, 16c, Hess. G., den MiBß- 
brauch der geistlichen Amtsgewalt betr., vom 23. April 1875 Art. 9, 10, 
Sächs. G. vom 23. August 1876 Art.8. Die ‚gleichartigen Bestimmungen der 
preußischen GG. vom 12. Mai 1873 $ 10 und 13. Mai 1873 $$ 2, 3 sind teils 
aufgehoben (G. vom 29. April 1887 Art. 4), teils durch Deseitigung des Ge- 
richtshofes für kirchliche Angelegenheiten (G. vom 21. Mai 1886 Art. 9) 
gegenstandslos geworden. 
5 Preuß. G. vom 12. Mai 1873 8 9, Württ, G. vom 90. Januar 1862 
Art. 7, Sächs. G. vom 23, August 1876 $ 11. 
6 Die bayrische Gesetzgebung enthält keine nähere Regelung der kirch- 
lichen Gerichtsbarkeit, sondern bestimmt nur, daß keinem kirchlichen Zwangs- 
mittel irgendein Einfluß auf das gesellschaftliche Leben und die bürger- 
Es „„orhältnisse ohne Einwilligung der Staatsgewalt gestattet ist (Rel. 
. ) 
7 Preuß. G. vom 21. Mai 1886 Art. 2—5, Württ. G. vom 80. Januar 1862 
Art. 11 u. 12, Bad. G. vom 5. Juli 1888 Art. I, Hess. G. vous 5. Juli 1887 
Art. 6—8, Org. Art. Art. 11, 3—25. | 
8 Vgl. 8 232 S. 996. 
A ı Preuß. fVG. ‚vom 11. März 1850 5 10, Bayr. G. vom 26. Febr. 1850 
rt. 4. 
10 Bayr. Rel. Ed. ss 76c, 77, Württ. G. vom 80. Januar 1862 Art. 15, 
Bad. Kirchengesetz (vgl. oben 235 N. 15) $ 11. 
11 In Hessen ist den Orden und ordensähnlichen Kongregationen die 
Errichtung neuer Niederlassungen und die Aufnahme neuer Mitglieder unter- 
sagt. Den weiblichen Orden und Kongregationen, welche sich ausschließ- 
lich dem Unterricht widmen und Privatunterrichtsanstalten besitzen, den 
Orden, welche Aushilfe in der Seelsorge leisten, den Orden zum guten Hirten 
und zur ewigen Anbetung in Mainz kann die Aufnahme neuer Mitglieder, 
denjenigen Orden und Kongregationen, welche sich ausschließlich der Kranken- 
pücge widmen, auch die Errichtung neuer Niederlassungen und weiblicher 
enossenschaften dieser Art die Unterweisung von noch nicht schulpflichtigen
	        
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