Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

102 Erster Teil. Erstes Buch. $ 34. 
in den staatsrechtlichen polemischen Schriften hervor, welche durch 
die Streitigkeiten König Philipps des Schönen von Frankreich und 
Kaiser Ludwigs des Bayern mit den Päpsten veranlaßt sind und 
die Tendenz haben, die Unabhängigkeit der Kaiserwahl vom 
römischen Stuhl zu verteidigen®. Von den Verfassern derselben 
sind hier hervorzuheben: Wilhelm von Occam#, Marsilius 
de Menandrino von Padua® und Lupold von Bebenburg‘*. 
Im fünfzehnten Jahrhundert begegnet uns die erste systematische 
Bearbeitung des deutschen Staatsrechts auf der Grundlage romani- 
stischer Jurisprudenz in dem „libellus de Cesarea monarchia“ 
von Peter von Andlau, in späteren Drucken unter dem Titel 
„De imperio Romano“ erscheinend’. Alle diese Schriften gehen, 
der Auffassung des Mittelalters gemäß, von dem Gedanken einer 
Weltmonarchie mit weltlicher und geistlicher Spitze aus und be- 
trachten das Heilige Römische Reich Deutscher Nation als eine 
Fortsetzung des alten Römischen Reiches. 
Eine neue Anregung erhielt die staatsrechtliche Literatur 
durch die Errichtung des Reichskammergerichtes. Da 
dieses häufig berufen war, in staatsrechtlichen Fragen Entschei- 
dungen abzugeben, so erhielten die Juristen Veranlassung, über 
solche Fragen Deduktionen und Consilia zu verfassen, welche in 
Sammlungen vereinigt wurden. Andrerseits veröffentlichten die 
® Eichhorn, Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte 8 ($ 393) 30 ff., 
Anm. 1 u. 2; S. Riezler, Die literarischen Widersacher der Päpste zur Zeit 
Ludwigs. des Bayern, Leipzig 1874; Gierke, Althusius und die Entwicklung 
der naturrechtlichen Staatstheorien 2 N. 1, 50ff.; H. Rehm a. a. O. 182 ff.; 
N. eholz, Die Publizistik zur Zeit Philipps des Schönen und Bonifaz VIII. 
(1903). 
* Disputatio de potestate praelatis ecclesiae atque principibus terrarum 
commissa sub forma dialogi inter clericum et militem; octo quaestionum 
decisiones super summi pontificis potestate; tractatus de iurisdictione in 
causis matrimonialibus; abgedruckt bei M. Goldastus, Monarchia Rom. Imp. 
seu Tractatus de Jurisdictione Imperiali, Regia et Pontificia seu Sacerdotali 
(1612—14; auch 1668) 1 13, 21 fl.; 2 313 ff. 
5 Defensor pacis Jde potestate imperiali et papali adversus usurpatam 
Romani pontificis iurisdictionem (zusammen mit Johannes de Janderno ver- 
faßt); tractatus de translatione imperii; abgedruckt bei Goldast Tom. II 
p. 147 8f., 154 ff. 
6 Tractatus de iuribus regui et imperii Romanorum. Ausgaben Straß- 
burg 1508, 1603, 1624. Heidelberg 1664, bei Schard, De iurisdictione, auctori- 
tate et praceminentia imperiali atque iuribus regni p. 328 ff., und in der 
Ausgabe des Petrus von Andlo 1603. 
? Erste Ausgabe Petri de Andlo Canonici Columbariensis Decretorum 
Doctoris de Imperio Romano, Regis et Augusti coronatione, inauguratione, 
administratione, officio et potestate electorum, aliisque imperii partibus, 
iuribus, ritibus et ceremoniis libri duo ad Fridericum III Imp. secripti et 
nunc primum typis editi. Curante Marquardo Frehero. Argentor. 1603. Neu 
herausgegeben von Joseph Hürbin in ZRG(G.) 12 34 tl. Vgl. P. Laband, 
Über (die Bedeutung des römischen Rechtes für das deutsche Staatsrecht, 
Straßburg 1830; Hürbin, Petrus v. Andlau, der Verfasser des ersten deutschen 
Reichsstaatsrechtes, Straßburg 1897, u. in ZRG(G.) 16 41ff., 18 Lff.; Stintzing, 
Gesch. d. deutsch. Rechtswise. 1 34, 35, 38.
	        
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