Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Zeit des alten deutschen Reiches. $ 34. 103 
Mitglieder des Kammergerichts selbst sogenannte Observationen, 
d. h. Beobachtungen, welche sie bei Gelegenheit einzelner Rechts- 
fälle aufgezeichnet hatten. Unter ihnen sind namentlich Joachim 
Mynsinger von Fründeck® und Andreas Gail’ zu 
nennen. 
Am Anfang des siebzehnten Jahrhunderts entwickelte sich 
eine Literatur, welche Gegenstände des deutschen Staatsrechtes 
zwar nur monographisch, aber doch ohne Rücksicht auf spezielle 
praktische Fälle behandelte. Zu dieser Gattung von Schriftstellern 
gehören 2. B. Andreas Knichen!?, Regner Sixtinus!!, 
Tobias Paurmeister'®, Dietrich Reinking!® Namentlich 
wurde unter dem Einfluß der Formulierung des Souveränetäts- 
begriffes durch den Franzosen Bodin die Frage, wem im deutschen 
Reiche die Souveränetät zukomme und welcher Art von Ver- 
fassungsformen das deutsche Reich demnach zuzurechnen sei, einer 
lebhaften Erörterung unterzogen. 
Als ein systematisches Ganze ist das deutsche Staatsrecht zu- 
erst von Dominicus Arumaeus aufgefaßt worden. Er hielt 
in Jena eine systematische Vorlesung über deutsches Staatsrecht 
und führte dadurch diese Disziplin in den Lehrplan der deutschen 
Universitäten ein!*, Sein hervorragendster Schüler war Joh. 
imnaeus, dem wir das erste umfassende systematische Werk 
über deutsches Staatsrecht verdanken !®. 
Eine neue Epoche der Bearbeitung des deutschen Staatsrechtes 
begann um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts. 
Durch Hugo Grotius’ berühmtes Werk de iure belli et pacis !® 
8 Singularium observationum iudicii imperialis (ut vocant) camerae cen- 
turiae IV, Basil. 1563. Vielfache spätere Auflagen 1576 mit einer fünften, 
1584 mit einer sechsten centuria vermehrt. Stintzing a. a. O. 485 fl. 
® Practicarum observationum tam ad processum iudiciarium praesertim 
imperialis camerae quam causarum decisionum pertinentium libri duo, 1578. 
Vgl. H. Burkhard, Andreas Gail, Würzburg 1887; Stintzing a. a. O. 495 ff. 
10 De iure territorii, Francof. 1600; iura territorialia civitatum liberarum 
imperialium, Helmst, 1607. | 
ı1 De regalibus, Mülh. 1602, Marb. 1617. Stintzing a. a. 0. 1 706, 707. 
182 De iurisdietione imperii Romani libri duo, Han. 1608. Stintzing a.a. 0. 
1 671, 2 178. 
18 Tractatus de regimine saeculari et ecclesiastico exhibens brevem et 
metholicam iuris publici delineationem, Giessae Hassorum 1619. Vgl. oben 
21 N. 2. 
3 14 Seine Hauptschrift sind die: Discursus academici de iure publico, 
5 Bde., Jena 1616 -23, eine Sammlung von Abhandlungen, welche teils von 
ihm, teils von anderen Schriftstellern herrühren. Die Bedeutung des Mannes 
beruht aber mehr auf seiner Lehrtätigkeit als auf seinen schriftstellerischen 
Leistungen. Vgl. Stintzing a. a.O. 1 667 ff, 2 40 ff. und oben $ 21 N. 4. 
15 Joh. Limnaeus, Juris publici imperii Romano-Germanici libri IX, 
Straßburg 1629—33. Stintzing a. a. O. 2 211ft. 
a Vgl. über diese Epoche, insbesondere die im 17. und 18, Jahrh. auf- 
blühende naturrechtliche "Theorie Gierke, Althusius und Genossenschafts- 
recht 4 (namentlich $$ 12, 18, 14, 17). 
ı6 Zuerst Paris 1625. Vgl. Landsberg, Gesch. d. deutsch. Rechtswissen- 
schaft 8ı 1ff.
	        
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