Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

110 Erster Teil. Zweites Buch. $ 36. 
einem Kollegium der Fürsten. Den Vorsitz im Plenum und im 
königlichen Kollegium hatte der Fürst Primas!®, den im fürstlichen 
Kollegium der Herzog von Nassau-Usingen !%. Die Würde des 
Fürst Primas sollte im Falle der Erledigung von Napoleon als 
Protektor des Bundes neu besetzt werden. Die Bundesversammlung 
hatte auch die Aufgabe, als Schiedsgericht bei Streitigkeiten der 
Mitglieder untereinander zu fungieren !?, Die näheren Bestimmungen 
über die Organisation des Bundes wurden einem noch auszu- 
arbeitenden Fundamentalstatut überlassen!®. Dieses ist jedoch 
niemals zustandegekommen und die ganze Organisation daher 
überhaupt nicht in das Leben getreten. 
Die reichsständischen Fürsten und Grafen, deren Besitzungen 
den Ländern der Rheinbundsfürsten einverleibt waren, wurden in 
der Sprache der damaligen Zeit als Mediatisierte bezeichnet? 
Der Ausdruck war freilich nicht korrekt, da der Unterschied 
zwischen Unmittelbaren und Mittelbaren mit dem Aufhören des 
Reiches seine Bedeutung verloren hatte. Die Rheinbundsakte 
sicherte den angegebenen Personen eine Reihe von Rechten zu: 
1. Sie sollten ihre Domänen als freies, allodiales Eigentum (pro- 
priete patrimoniale et priv6e) behalten®‘. Damit stand es freilich 
ım Widerspruch, wenn viele Rheinbundsfürsten behaupteten, die 
bisherige Lehnsherrlichkeit des Reiches über diese Besitzungen sei 
durch die Auflösung desselben auf sie übergegangen®!. 2. Es 
sollten ihnen alle grundherrlichen und lehnsherrlichen Rechte 
(droits seigneuriaux et f6odaux) verbleiben, welche nicht als wesent- 
licher Bestandteil der Souveränetät angesehen wurden ®®, Als 
Souveränetätsrechte bezeichnet die Rheinbundsakte: les droits de 
legislation, de juridiction supr&me, de haute police, de conscription 
militaire ou de recrutement et d’impöt®®, also die gesetzgebende 
Gewalt, die oberste Gerichtsbarkeit und Polizei, die Militärhoheit 
und das Besteuerungsrecht. Dagegen sollten die sogenannten 
16 Rh. B. A. Art. 12. 
ıe Rlı. B. A. Art. 10. 
!T Rh. B. A. Art. 9. 
8 Rh. B. A. Art. 11. 
!? Die Rh. B. A. hat diese Bezeichnung nicht, sondern spricht von 
princes et comtes actuellement regnants (Art. 27 u. 28). 
20 Rh. B. A. Art. 27. 
21 Bayr. Verordnung über die Verhältnisse der Reichsritterschaft vom 
31. Dezember 1806 7 2 (bei Winkopp 2 225 ff). Bayrische Deklaration vom 
19. März 1807, die Bestimmung der künftigen Verhältnisse der der könig- 
lichen Sonveränetät unterworfenen Fürsten, Grafen und Herren zu den ver- 
schiedenen Zweigen der Staatsgewalt betreffend (bei Winkopp 2 372 f.; 
G. v. Meyer, Corp. jur. confoed. Germ. 2 8ff.. Badische def. Verordnung 
über die staatsrechtlichen Verhältnisse der mediatisierten Fürsten und Grafen 
vom 22. Juli 1807 $ 16 (bei Winkopp 4 321ff.). — Dagegen erklärt die 
reußische Instruktion vom 30. Mai 1820 $ 22 korrekterweise die frühere 
bnsherrlichkeit des Reiches für aufgehoben. Vgl. H. A. Zachariä, St.R. 
($ 87) 1 167 N. 13; Zöpfl, St.R. ($ 523) 2 820. 
®: Rh. B. A. Art. 27. 
3? Rh. B. A. Art. 26.
	        
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