Die Zeit des Rheinbundes. $ 86. 11ll
Mediatisierten namentlich behalten: mittlere und niedere Zivil-
und Kriminaljurisdiktion, Forstgerichtsbarkeit und -Polizei, Jagd-
und Fischereirecht, Bergregal, Zehnten und andere Reallasten,
sowie das Patronat. 3. In Kriminalsachen sollten sie nur durch
ein iudicium parium gerichtet werden können, das die Rhein-
bundsakte historisch unrichtig2, als droit d’austregue bezeichnet.
Vermögenskonfiskationen sollten gegen sie nicht verhängt werden
dürfen?. 4. Es sollte ihnen freistehen, ihren Wohnsitz in jedem
zu dem Rheinbunde gehörigen oder mit demselben verbündeten
Staate zu nehmen und dort ihre Kapitalien und Renten zu beziehen,
ohne dafür einer Abgabe unterworfen zu sein ®,
Der Rheinbund war kein Rechtsnachfolger des deut-
schen Reiches. Er hatte sich bereits gebildet, ehe das deutsche
Reich zu existieren aufhörte, und die zu ihm gehörigen Länder
umfaßten nur einen kleinen Teil des bisherigen Reichsgebietes.
Es bestand daher auch keinerlei Verpflichtung des Rheinbundes,
für die Schulden des Reiches oder die Ansprüche der Reichs-
beamten einzutreten, und in der Tat enthält die Rheinbundsakte
über diese Gegenstände keine Bestimmungen. Dagegen über-
nahmen die Rheinbundsstaaten ausdrücklich die Zahlung der
Kreisschulden und derjenigen Pensionen und Renten, welche
durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803, namentlich
für verlorene Pfründen auf dem linken Rheinufer, festgesetzt
waren ®®,
Die Rheinbundsfürsten verzichteten gegenseitig auf alle
diejenigen Rechte, welche einem derselben im Ge-
biete des anderen zustanden. Vorbehalten wurden nur die
eventuellen Sukzessionsrechte für. den Fall, daß das regierende
Haus oder die regierende Linie erlöschen sollte?”. Die Absicht
dieses Verzichtes war, alles zu beseitigen, was mit der neu er-
worbenen Souveränetät im Widerspruch stand. Deshalb bezog er
sich auch nur auf öffentliche, nicht auf Privatrechte. Lehnsherr-
liche Rechte waren in demselben einbegriffen, soweit staatsrecht-
liche Befugnisse den Gegenstand der Belehnung bildeten. Dagegen
konnte die Lehnsherrlichkeit über bloße Privatgüter durch den
Verzicht nicht als aufgehoben gelten. Die Rheinbundsfürsten inter-
& Denn die Austräge des alten Reichsrechts (oben $ 28), welche hier
französiert als „auströgue“ erscheinen, waren etwas ganz anderes gewesen
als diese Pairsgerichte der Rh.B. A. Sie stellten nicht, wie letztere, einen
den ordentlichen Richter ausschließenden privilegierten Gerichtsstand dar,
sondern waren nur eine vor Beschreitung des ordentlichen Prozeßwegs an-
zurufende Sühneinstanz.
2 Rh. B. A. Art. 28.
# Rh. B. A. Art. 31.
se Rh. B. A. Art. 2 u, 29,
#7 Rh.B. A. Art. 34. Vgl. A. Breslauer, Zur Interpretation des 34. (so-
enannten „8 nichts.) Artikels der Rheinbundsakte vom 13. Juli 1806,
reslau 1878,