134 Erster Teil. Drittes Buch. $ 47.
fassungsbestimmung nicht bestand, da war zu der Einführung eines
Bundesbeschlusses, der gesetzliche Vorschriften [im ınateriellen
Sinne: Rechtsnormen, Vorschriften, welche die Freiheit oder das
Eigentum der Untertanen betrafenf] enthielt, ein Akt der Landes-
gesetzgebung erforderlich®. Zwangsmittel, durch welche der Land-
tag hätte angehalten werden können, dem Beschlusse zuzustimmen,
gab es freilich nicht. Wenn aber die Einführung des betreffenden
Bundesbeschlusses unterblieb, so machte sich der Staat dem Bunde
gegenüber verantwortlich, und dieser konnte auf dem Wege der
Exekution gegen ihn vorgehen®. Daß die Einführung der Bundes-
beschlüsse trotzdem sehr häufig unterblieb, war lediglich eine Folge
der politischen Ohnmacht des Bundes.
8. Das Eingreifen des Bundes in die inneren Verhältnisse
der Bundesstaaten.
8 47.
[Dem staatenbündischen Wesen des Bundes gemäß stand diesem,
also der Bundesversammlung, eine unmittelbare Einwirkung auf
die inneren Verhältnisse der Staaten nicht zu!. Die Bundes-
beschlüsse, inbesondere auch die exekutorischen, konnten sich
immer nur gegen die Regierung des betreffenden Staates, als
das diesen Staat nach außen vertretende Hauptorgan desselben,
nicht aber gegen die Behörden und Untertanen richten.
Von dieser Regel gab es gewisse Ausnahmen.]
Die Bundesakte hatte den Angehörigen der Bundes-
staaten sowie einzelnen Personen und Klassen derselben gewisse
Rechte zugesichert, welche ihnen die Staatsgewalten der
Einzelstaaten gewähren mußten. Im Unterlassungsfalle lag es
der Bundesversammlung ob, auf geschehene Anzeige hin die Er-
füllung dieser Verbindlichkeiten zu bewirken ?. Besondere Ein-
richtungen waren für die Beschwerden der früher reichsständi-
schen und dem niederen Reichsadel angehörenden Familien ® ge-
f Vgl. das Nähere hierüber unten bei der Lehre von der Gesetzgebung:
157.
’ 8 Die Behauptung Aegidis im Stantswörterbuch 8 37, bei der Publikation
der Bundesbeschlüsse seien die Formen der Landesgesetzgebung nicht zu
beobachten gewesen, ist mit dem Charakter des Staatenbundes nicht verein-
bar. ereinstimmend: Brie, Theorie der Staatenverbindungen W.
e W.S. A. Art. 32.
ı W.S. A. Art. 32: „Da jede Bundes-Regierung die Obliegenheit hat,
auf Vollzichung der Bundes-Beschlüsse zu halten, der Bundes-Versammlung
aber eine unmittelbare Einwirkung auf die innere Verwaltung der Bundes-
staaten nicht zusteht, so kann in der Regel nur gegen die Regierung selbst
ein Exckutions-Verfahren stattfinden.“ Art. 53 Satz 1: „Die durch die
Bundes-Akte den einzelnen Bundes-Staaten garantirte Unabhängigkeit
schließt... .. jede Einwirkung des Bundes in die innere Staats-Einrichtung
und Staats-Verwaltung aus.
ı W.S. A. Art. 93 Satz 2.
8 Vgl. oben $ 45 S. 131.