Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

138 Erster Teil. Drittes Buch. $ 49. 
bewirkte keinen Aufschub. — Durch die Einrichtung der Bundes- 
austrägalinstanz waren vertragsmäßige Austräge und Kompromisse 
unter den einzelnen Bundesgliedern nicht ausgeschlossen®, wie 
es denselben auch freistand, ihre Streitigkeiten statt durch das 
Bundesausträgalgericht durch das Bundesschiedsgericht entscheiden 
zu lassen ®, ‘ 
Wenn es zwischen Bundesgliedern zu Tätlichkeiten gekommen 
oder wenn solche zu befürchten waren, so hatte die Bundes- 
versammlung Maßregeln zu ergreifen, um der Selbsthilfe vorzu- 
beugen oder Einhalt zu tun. Zu dem Ende mußte sie vor allem 
für Aufrechterhaltung des Besitzstandes sorgen. Wurde 
sie von einem Bundesgliede zum Schutze des Besitzstandes an- 
gerufen, und war der jüngste Besitz streitig, so konnte sie ein 
benachbartes Bundesglied auffordern, die Tatsache des jüngsten 
Besitzes durch seinen obersten Gerichtshot summarisch untersuchen 
und durch diesen einen Bescheid abfassen zu lassen; die Voll- 
ziehung des Bescheides lag der Bundesversammlung ob”, 
Eine besondere Bestimmung über austrägalgerichtliches Ver- 
fahren bestand für einen Fall, indem es sich nicht um Streitig- 
keiten unter Bundesgliedern, sondern um Ansprüche 
von Privaten gegen diese handelte. Wenn nämlich bei solchen 
Forderungen die Person des Verpflichteten bestritten war und 
dieselben deshalb nicht befriedigt werden konnten, so hatte die 
Bundesversammlung die Vorfrage über die Person des Ver- 
pflichteten durch eine Austrägalinstanz entscheiden zu lassen®, Die 
beteiligten Privatpersonen traten in diesem Prozeß gar nicht als 
Partei auf, sondern die Sache wurde formell als ein Streit unter 
den Bundesgliedern behandelt. Zu diesem Zwecke verteilte das 
Austrägalgericht unter ihnen die Parteirollen, an welche jedoch 
keinerlei rechtliche Folgen, namentlich hinsichtlich der Beweislast, 
geknüpft waren®. Auch mußten in einem derartigen Verfahren 
die Fristen von Amts wegen beobachtet werden!®, da die als 
Parteien erscheinenden Staaten an der Einhaltung derselben kein 
Interesse hatten. 
10. Die auswärtigen Verhältnisse des Bundes. 
8 49, 
Die Souveränetät der deutschen Staaten äußerte sich auch 
in ihren Beziehungen zu auswärtigen Mächten. Sie behielten alle 
völkerrechtlichen Befugnisse und durften nur keine Verbindungen 
°e W.S. A. Art. 24. 
e B. B. vom 30. Oktober 1834 Art. 12. 
?W.S. A. Art. 19 u, %0. 
8 W,.S. A. Art. 30. 
9» B. B. vom 15. Sept. 1842 N. 2 (G. v. Meyer a. a. O. 408). 
10 B. B. vom 19, Juni 1823 (G. v. Meyer a. a. O. 148).
	        
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