Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

148 Erster Teil. Drittes Buch. $ 54. 
Die Verfassung vom 3. September 1791* erklärte, daß der Ur- 
sprung der Souveränetät in der Nation zu suchen sei. Das erbliche 
önigtum blieb freilich bestehen, aber die Volksvertretung war in 
einer einzigen Kammer durchaus demokratisch organisiert und der 
Krone stand bei der Gesetzgebung nur ein suspensives Veto zu. Die 
folgenden Ereignisse beseitigten auch noch die wenigen Schranken, 
welche hier dem demokratischen Prinzip gezogen waren. Die 
republikanische Verfassung vom Jahre I® hatte einen rein demo- 
kratischen Charakter und gab das Prinzip der Gewaltenteilung 
vollständig auf; sie ist freilich nie in praktische Wirksamkeit ge- 
treten. Dagegen kehrte die Verfassung vom 5. fructidor des 
Jahres III® (22. August 1795), obwohl im übrigen ebenfalls demo- 
kratisch-republikanisch, wieder zu demselben zurück. Die Ver- 
fassungen aus der Zeit Napoleons, die Verfassung vom 22. frimaire 
des Jahres VIII (13. Dezember 1799) und die nachfolgenden Se- 
natuskonsulte? begründeten tatsächlich eine absolute Monarchie, 
welche nur des Scheines halber mit parlamentarischen Institutionen 
umgeben war. 
Nach dem Sturze Napoleons erfolgte die Restauration der 
Bourbonen, mit welcher eine neue Phase konstitutioneller Ent- 
wicklung beginnt. Man setzte dem demokratischen Prinzip 
das monarchische entgegen. So zeigt die Charte, welche 
Ludwig XVIII. am 4. Juni 1814 seinem Volke gab®, in scharfem 
Gegensatz zu der Verfassung von 1791 einen streng monarchischen 
Charakterd. Diese Charte blieb auch bestehen, nachdem durch 
* Pölitz, Europäische Verfassungen 2 2ff.,;, M. Faustin-Adolphe Helie. 
Les constitutions de la France (Paris 1875—79) 1 268ff. Vgl. Jellinek, 
Staatsl. 522ff.; Wahl im H.B. der Pol. 1 384 ff. (mit Literaturangaben); 
E. v. Meier a. a. O. 114ff., 136 fl.; Lebon, Verfassungsrecht der französ. 
Republik 2, 9, 
es Pölitz a. a. O0. 21ft.; Helie a. a. O. 2 376ff.; E. v. Meier a. a. O. 
181, 151; Lebon a. a. O. 3. 
e Pölitz a. a. O. 3S0f. Helie a. a. O. 2 436ff.; E. v. Meier a. a. O. 
138 f£., 152 ff.; Lebon a. a. O. 4, 5. 
7 Politz a, a. O. 58 ff.;, Helie a. a. O. 8 577 ff.; Jellinck, Staatsl. 525 ff.; 
E. v. Meier a. a. O. 172ff.; Wahl a. a. O. 386; Lebon a. a. O. 5ff. 
8 Pölitz a.a.0. 89 ff.; Helie a, a. 0.8884 ff. Vgl. Rehm, Staatsl. 349 ff.; 
Jellinek, Staatsl. 525; Wahl a. a. O. 387; Lebon a. a. 0. 6 ff. 
d Daß die Charte vom 4. Juni 1814 in ihrem Eingang (preambule) den 
Satz ausspreche, alle öffentliche Gewalt gehe von der Person des Königs 
aus (das sog. „monarchische Prinzip“ im Sinne der deutschen Staatslehre 
der Restaurationszeit, vgl. auch unten 151), ist ein Irrtum; die Ausführungen 
der Voraufl. (S. 137) waren dementsprechend zu berichtigen. Die Stelle des 
Eingangs, welche den Irrtum veranlaßt hat, lautet: „L’autoritt tout entiere 
r&sıdät en France dans la personne du Roi“; sie bezieht sich, wie schon 
das Präteritum zeigt, auf das Staatsrecht der vorrevolutionären Zeit. Vgl. 
hierzu auch die unten $ 55 zitierte Schrift von Meisner, Lehre v. monarch, 
Prinzip usw. 46ff., 2l5f._ Mehr im Sinne der Voraufl. findet Jellinek, 
Stastsl. 484 in der Präambel der Charte die „juristische Formulierung des 
monarchischen Prinzips“; noch energischer betont dies Deschen, Die bayerische 
en 26. Mai 1818 und die Charte Ludwigs XVII..... (1914) 
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