Die Zeit des Deutschen Bundes. $ 56. 159
tretung zur Revision der Verfassung berufen. Nachdem letztere
zweimal aufgelöst und neugewählt war, erfolgte durch Verordnung
vom 6. November 1850 eine dritte Auflösung und gleichzeitig die
Wiederherstellung des alten Verfassungszustandes. In späterer
Zeit, namentlich in den Jahren 1868, 1874 und 1906 sind wieder
verschiedene Abänderungen der Verfassung auf verfassungsmäßigem
Wege erfolgt!’, Das geltende Wahlgesetz erging am 16. Juli 1906.
Dem Großherzogtum Baden!® verlieh der Großberzog Karl
am 22. August 1818 eine Verfassungsurkunde, welche — abgesehen
von der kurzen Unterbrechung durch die Revolution des Jahres
1849 — in stetiger Wirksamkeit bestanden hat. Sie ist durch
verschiedene Gesetze in verfassungsmäßiger Weise abgeändert und
ergänzt und am 26. August 1904 neu veröffentlicht worden.
In Kurhessen’? fand nach Rückkehr des Kurfürsten Wilhelm I.
die umfassendste Restauration statt. Auch die alten Stände wurden
auf kurze Zeit wieder versammelt, doch ergaben ihre Verhand-
lungen kein erhebliches Resultat. Erst im Jahre 1830 erfolgte
durch die Verordnung vom 19. September eine neue Berufung
derselben, und Kurfürst Wilhelm 1 vereinbarte mit ihnen die
Verfassungsurkunde vom 5. Januar 1831, zu welcher das Gesetz
über die Wahlen der Abgeordneten zum Landtag vom 16. Februar
1831 gehörte. Letzteres wurde am 5. April 1849 durch ein anderes
ersetzt. Ein B. B. vom 27. März 1852°° erklärte die Verfassung
vom 5. Januar 1831 und das Wahlgesetz vom 5. April 1849 in
ihrem wesentlichen Inhalte für bundeswidrig und ordnete ihre
Aufhebung an. Die kurfürstliche Regierung wurde aufgefordert,
dem Lande eine anderweite Verfassung zu geben. Dies geschah
durch Verordnung vom 13. April 1852. Da die Verhandlungen
mit dem auf Grund derselben einberufenen Landtage über eine
neue Verfassung kein Resultat ergaben, auch der Bund es ab-
lehnte, eine Garantie der Verfassung vom 13. April 1852 zu über-
nehmen, so verlieh der Kurfürst am 30. Mai 1860 eine neue Ver-
fassung. Diese wurde jedoch von dem Landtage nicht anerkannt.
Schließlich ordnete der B. B. vom 24. Mai 1862?! die Wieder-
herstellung der Verfassung vom 5. Januar 1831 an, welche unter
1? Kommentare und Notenausgaben der württembergischen Verfassung:
C. V. Fricker (1865), Weinsheimer (1879), R. Gaupp (2. A. 1887), Bazille und
Köstlin (1905), Göz (1906), A. Königsberger (1906), Fleiner (1907). Textausgabe
von Binding (Deutsche Staatsgrundgesetze 7, 2. A. 1906).
18 y, '[reitschke a.a. O0. 2 354 ff.; v. Weech, Geschichte der badischen
Verfassung, Karlsruhe 1868; Textausgabe der badischen Verfassungsurkunde
und ihrer Nebengesetze mit Einleitung von Rosin, Freiburg 1887; Wielandt,
Staatsrecht des Großherzogtums Baden 3; Walz, Staatsr. des Großh. Baden
im Of. R. d. Gegenwart 1909) 3fl.; Glockner, Bad, Verfassungsrecht mit
rläuterungen (1905). Textausgabe der bad. Verfassung von Binding (Deutsche
Staatsgrundgesetze 8, I, E. v. Jagemann in Poseners Staatsverfassungen
des Erdballs (1909) 68 ff.
19 y, Treitschke a. a. O. 8 517 ff., 4 126 ff.
»0 G, v. Meyer, Oorp- jur. Confoed. Germ. 2 572,
21 G. v. Meyer 8 28.