160 Erster Teil. Drittes Buch. $ 56.
vorläufiger Suspension der angeblich bundeswidrigen Punkte
durch landesherrliche Verkündigung vom 21. Juni 1862 erfolgte.
Damit trat auch das Wahlgesetz vom 5. April 1849 wieder in.
Kraft, doch wurde durch ein Gesetz vom 6. Mai 1863 die auf-
gehobene Landstandschaft der Standesherren und Reichsritterschaft.
wiederhergestellt.
Das Großherzogtum Hessen®? erhielt ein Edikt über die-
landständische Verfassung vom 18. März 1820. Da die ein-
berufenen Stände sich damit nicht einverstanden erklären wollten,.
so wurde mit ihnen ein neues Grundgesetz, die Verfassungs-
urkunde vom 17. Dezember 1820, vereinbart2®, Diese erfuhr be-
deutende Abänderungen durch das Wahlgesetz vom 3. September
1849 und das Gesetz über die landständische Geschäftsordnung
vom 10. Oktober desselben Jahres. Infolge einer Steuerverweigerung-
der zweiten Kammer wurde am 29. September 1850 die Stände-
versammlung aufgelöst und durch großherzogliche Verordnung
vom 7. Oktober auf Grund eines anderen Wahlsystems eine neue
Ständeversammlung berufen. Aus den neuesten Verfassungs-
änderungen vom 8. Juni 1911 resultierte ein neues Wahlgesetz.
Schleswig und Holstein? hatten früher gemeinsame-
Landstände besessen, welche aber seit langer Zeit nicht mehr be-
rufen waren. Eine Petition der Prälaten und Ritterschaft Holsteins-
an die Bundesversammlung um Wiederherstellung der alten Ver-
fassung blieb ohne Erfolg. Durch königliches Dekret vom 28. Mai
1831 wurde die Bildung von beratenden Provinzialständen für-
Schleswig und Holstein angeordnet und durch Verordnung vom
15. Mai 1834 die Verhältnisse derselben näher geregelt. In
Lauenburg bestand die alte Verfassung fort. Mit Rücksicht
auf das in Aussicht stehende Erlöschen des Mannesstammes der
königlich dänischen Familie hatte schon Christian VIII. durch den
offenen Brief vom 5. Juli 1846 seine Absicht ausgesprochen, dafür:
zu sorgen, daß die Integrität der dänischen Monarchie erhalten
bleibe. Die bei der Kopenhagener revolutionären Bewegung des
Jahres 1848 unzweideutig hervorgetretene Absicht, die vollständige
Einverleibung Schleswigs in Dänemark herbeizuführen, bewirkte:
eine Erhebung in den Herzogtümern und die Bildung einer pro-
23 v, Treitschke a. a. O. 2 378ff.; W. van Calker, Hessische Ver-:
(assungsgosetze (1906) 1—88 (Übersicht über die Geschichte und die Grund-
lagen des hessischen Staatsrechts); Derselbe, Staatsrecht d. Großherzogtums-
Hessen (im Off. R. d. Gegenwart 1913); Cosack, Staatsrecht des Großh.
Hessen 1fl.; A. de Beauclair, Verfassungs- u. Verw.-Recht des Deutschen
Reichs u. des Großh. Hessen, &. Aufl. 1908.
2° Ausgabe der hess. Verfassung mit Einleitung und Anmerkungen von
W, van Calker (s. d. vor. Note). Textausgabe von Binding (Deutsche Staats-
grundgesetze 8, II).
v. Treitschke a. a. 0. 8 586 ff., 4 169 ff.; F. Thudichum, Verfassungs-
geschichte Schleswig-Holsteins von 1806—1852 in ihren deutschen und euro-
päischen Beziehungen, Tübingen 1871; v. Sybel, Die Begründung des Deut--
schen Reiches durch Wilhelm I., Bd. 3, München und Leipzig 1890.