Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

186 Erster Teil. Viertes Buch. $ 62. 
$ 62. 
Am 15. Juni richtete Preußen an die Regierungen vom 
Sachsen, Hannover und Kurhessen eine „Sommation“, in der 
es dieselben aufforderte, mit ihm ein Bündnis auf Grund folgender 
Bedingungen zu schließen: 1. Zurückführung ihrer Truppen auf 
den Friedensstand; 2. Zustimmung zur Berufung des deutschen 
Parlaments und Ausschreibung der Wahlen dazu, sobald es von 
Preußen geschehe; 3. Gewährleistung ihres Gebietes und ihrer 
Souveränetätsrechte nach Maßgabe der Reformvorschläge vom 
10. Juni. Die Ablehnung dieser Sommationen wurde von Preußen 
mit der Kriegserklärung beantwortet!. 
Am 16. Juni forderte die preußische Regierung mittelst 
identischer Noten die kleineren norddeutschen Staaten, 
nämlich Mecklenburg- Schwerin, Sachsen-Weimar, Mecklenburg- 
Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen- 
Altenburg, Sachsen-Koburg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Sonders- 
hausen, Schwarzburg-Rudolstadt, Reuß &. L., Reuß j. L., Waldeck, 
Schaumburg-Lippe, Lippe, Lübeck, Bremen und Hamburg zur 
Eingehung eines Bündnisses auf. Die Grundlagen desselben 
sollten mit einem Parlamente vereinbart werden, dessen Berufung 
die betreffenden Regierungen vorzunehmen hatten, wenn sie von 
Preußen erfolgte. Sie sollten ferner ihre Truppen ungesäumt auf 
den Kriegsfuß setzen und dem Könige von Preußen zur Ver- 
teidigung ihrer Unabhängigkeit und ihrer Rechte zur Verfügung 
stellen. Dagegen wurde von preußischer Seite den genannten 
Staaten die ‚Unabhängigkeit und Integrität ihres Gebietes nach 
Maßgabe der Grundzüge vom 10. Juni gewährleistet?. Die meisten 
Regierungen beantworteten diese Einladung zustimmend, nur zwei, 
Sachsen-Meiningen und Reuß ä&. L., lehnten sie ab, weshalb gegen 
sie ebenfalls eine Kriegserklärung erfolgte, 
Eine Kriegserklärung erging außerdem gegenüber Österreich, 
Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Großherzogtum Hessen, 
Nassau und Frankfurt, während mit Luxemburg und Limburg, 
obwohl sich dasselbe auch ferner am Bunde beteiligte, ein Krieg 
nicht geführt wurde und gegenüber Liechtenstein, das sein Kon- 
tingent Österreich zur Verfügung stellte, mindestens eine aus- 
drückliche Kriegserklärung nicht erfolgte. 
des Bundes (B. A. Art. I, W.S.A. Art. V) nicht beseitigt worden sind, nicht 
bezweifeln. Vgl. oben $ 40 Anm. 36.) Indes haben diese Fragen durch die 
nachfolgenden Ereignisse alle praktische Bedeutung verloren. Auch eine 
gewaltsame Durchbrechung des bisherigen Bundesrechtes war materiell ge- 
rechtfertigt, da sich die Unmöglichkeit einer Reform auf legalem Wege 
zweifellos herausgestellt hatte. Eine durchaus zutreffende Kritik des öster- 
reichischen Antrags vom 11. und des B.B. vom 14. Juni gibt v. Sybel a. a. O. 
4 433 fi. Vgl. auch Anschütz, Enzykl. 54. 
ı Hahn, Zwei Jahre Politik 128; Staatsarchiv a. a. O. Nr. 2922. 
® Hahn a. a. O. 462.
	        
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