Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

210 Erster Teil, Viertes Buch. $ 69a, 
1. Deutsch-Südwestafrika. Hier war zunächst (1884) 
der Bremer Lüderitz in den Besitz von Hoheitsrechten gelangt; 
diese gingen später auf die Südwestafrikanische Gesellschaft über, 
und letztere erwarb noch weitere hinzu. Die Hoheitsrechte er- 
streckten sich ursprünglich nur auf das Küstengebiet, die Gesell- 
schaft hat dieselben aber niemals ausgeübt, das Schutzgebiet hat 
vielmehr von Anfang an unter Reichsverwaltung gestanden. Die 
Herrschaft des Reiches über das Hinterland wurde dadurch be- 
gründet, daß die Häuptlinge der in demselben angesiedelten Stämme 
die Oberherrschaft des Reiches anerkannten und sich unter dessen 
Schutz stellten. 
2. Das Kamerun- und Togogebiet, in welchem seit 
längerer Zeit hanseatische Handelsniederlassungen bestanden und 
wo im Jahre 1884 auf Grund von Verträgen mit den einheimischen 
Häuptlingen die Schutzherrschaft des Deutschen Reiches erklärt 
wurde. 
3. Deutsch-Ostafrika. Die Grundlage desselben bildeten 
die Besitzungen, welche Dr. Karl Peters im Jahre 1884/85 durch 
Verträge mit den einheimischen Häuptlingen erworben hatte. Zur 
Ausbeutung derselben bildete sich die Deutsch-Ostafrikanische Ge- 
sellschaft, welche durch weitere Verträge ihr Ländergebiet erheb- 
lich ausdehnte. Die Gesellschaft übte die Hoheitsrechte zunächst 
selbst aus; im Jahre 1890 ging aber die Verwaltung des Schutz- 
gebietes auf das Reich über. Der vor dem Gebiet liegende Küsten- 
streifen stand ursprünglich unter der Oberhoheit des Sultans von 
Zanzibar; im Jahre 1888 wurde die Verwaltung desselben der 
Deutsch-Östafrikanischen Gesellschaft gegen Zahlung einer Pacht- 
summe auf fünfzig Jahre überlassen. Durch einen mit England 
am 1. Juli 1890 abgeschlossenen Staatsvertrag? genehmigte das 
Deutsche Reich die Herstellung eines englischen Protektorates über 
die Besitzungen des Sultans von Zanzibar, dagegen wurde die Ab- 
tretung des erwähnten Küstenstreifens an Deutschland in Aus- 
sicht genommen, und England übernahm die Verpflichtung, seinen 
Einfluß aufzubieten, um den Sultan zu dieser Abtretung zu be- 
stimmen. Die Abtretung erfolgte durch Vereinbarung mit Eng- 
land vom 27.128. Oktober 1890 gegen Zahlung einer Summe von 
4 Millionen Mark und wurde durch einen Notenwechsel vom 
17. November 1890 auch seitens Frankreichs anerkannt?. Zu den 
deutschen Besitzungen in Ostafrika gehörte früher auch das 
Wituland, welches von dem Sultan von Witu an denReisenden 
Clemens Denhardt verkauft und von diesem in den Besitz der 
Deutschen Witugesellschaft übergegangen war. Im Frühjahr 1890 
wurde die Witugesellschaft mit der Ostafrikanischen verschmolzen; 
durch den erwähnten Staatsvertrag vom 1. Juli 1890 verzichtete 
aber Deutschland auf seine Rechte über Witu zugunsten Englands. 
8 Deutsches Kolonialblatt 1 120 ff. 
8 Deutsches Kolonialblatt a. a. O. 307 ff., 331 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.