Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Der Herrschaftsbereich. $ 80. 263 
äischer und außereuropäischer Fragen mitzuwirken!*. Nur das 
Reich, nicht der Einzelstaat ist zuständig auf dem Gebiete der 
großen oder hohen Politik, das Reich allein ist Großmacht. In 
bezug auf die Regelung derjenigen völkerrechtlichen Beziehungen, 
welche mit gewissen Gebieten des inneren Staatslebens in un- 
mittelbarer Verbindung stehen, verteilt sich die Kompetenz zwischen 
Reich und Einzelstaaten genau so wie hinsichtlich der inneren An- 
gelegenheiten selbst. Auf den Gebieten der Reichsgesetzgebung 
hat das Reich, auf den Gebieten der Staatsgesetzgebung haben die 
Staaten die völkerrechtlichen Befugnisse, namentlich das Recht 
der Vertragsschließung!®. Dieser Grundsatz gilt auch hinsichtlich 
der Einräumung von Staatsservituten an auswärtige Staaten 1%, — 
Das Recht der Bestellung und Annahme von diplomatischen Ver- 
tretern besitzt sowohl das Reich als die Einzelstaaten. Doch 
können die Einzelstaaten nur bei solchen Regierungen Gesandte 
laubigen und nur von solchen Regierungen Gesandte an- 
nehmen, welche vom Reiche anerkannt sind. Die Abbrechung des 
diplomatischen Verkehrs mit einer fremden Regierung seitens des 
Reiches nötigt die Einzelstaaten, auch ihrerseitg den Verkehr ab- 
14 Dieser Grundsatz ist zwar nirgends ausdrücklich ausgesprochen, er- 
gibt sich aber aus der ganzen Natur des Bundesverhältnisses und dem aus- 
schließlichen Kriegsrechte des Reiches. Übereinstimmend: Laband, Staats- 
recht ($ 71)84; v. Rönne, Preuß. Staater. ($ 176)2 525; Proebst, a. a. O. 247; 
Tinsch, a. a. O. 29; Prestele, a. a. O. 8; Geßner in v. Holtzendorffs Völker- 
recht 8 44; Bornhak, Preußisches Staatsrecht 83; v. Stengel, Preuß. Staatsr. 
in Marquardsens Handb. 569; Haenel, Deutsches Staatsr. 1 553 ff; Seydel, 
Kommentar zu Art. 11 Nr. V; Anschütz, Enzykl. 172; Rieß, auswärt. Hoheits- 
rechte 16, 17. 
15 Dies ist jetzt die allgemeine Ansicht, der sich neuerdings auch Zorn, 
Reichsstaatsr. 2 502 angeschlossen hat, [Beste Erörterung der Materie: Haenel, 
Staatsr. 1 537 ft., 547 €) Nur W. Kaufmann, Rechtskraft des internationalen 
Rechtes 53 will eine Zuständigkeit zu völkerrechtlicher Vertragssschließu 
für das Reich auch außerhalb seiner Gesetzgebungskompetenz in Anspruc 
nehmen. Die von ihm angeführten Beispiele beweisen aber gar nichts, da 
dieselben Eisenbahnen und gemeinsame Flüsse betreffen, welche in den Gesetz- 
gebungsbereich des Reiches fallen. Streitig ist außerdem die Frage, ob ein 
von einem Einzelstaat über Gegenstände, welche in die Zuständigkeit des 
Reiches fallen, abgeschlossener Vertrag vom Reiche aufgehoben werden 
kann; sie wird bejaht von v. Stengel in Marquardsens Handb. 570 N. 1, 
verneint von Bornhak a. a. O0. 5, 6. Staatsrechtlich ist eine solche Auf- 
hebung zweifellos zulässig, völkerrechtlich dagegen nur mit Zustimmung des 
anderen Kontrahenten. Das EG. zum BGB. Art. 56 bestimmt, daß die seitens 
eines Staates mit dem Auslande geschlossenen Staatsverträge auch gegen- 
über dem BGB. in Kraft bleiben. 
16 Laband, Staatsrecht 1 204 ff., Kl. A. 41, dem sich Proebst a. a. O. 248 
anschließt, meint, das Reich allein habe das Recht, Staatsservituten im Reichs- 
ebiete zu bestellen, weil ihm die Aufgabe obliege, die Gebietshoheit über 
as ganze Reichsgebiet aufrecht zu erhalten. Aber die Gebietshoheit des 
Reiches geht nur so weit wie seine Kompetenz. Die praktisch wichtigen 
Staatsservituten fallen freilich alle unter die Reichskompetenz. Überein- 
stimmend: Trieps a. a. O. 148; Haenel, Deutsches Staater. 1 557 N. 22; 
Clauß, Die Lehre von den Staatsdienstbarkeiten 157; Gaupp-Göz, Württemb. 
Staater., im Handb. d. öff. R. 19%. 
 
	        
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