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galt namentlich für Lehnsgüter?. Auch in die Landeshoheit konnte
eine mit solchen Mängeln behaftete Person nicht sukzedieren?®.
Dagegen trat im Falle der Minderjährigkeit, nachdem das An-
gefälle des Lehnsherrn sich verloren hatte, eine vormundschaftliche
Verwaltung ein, deren Führung dem nächsten Agnaten gebührte*.
Die Vermischung der sogenannten Regierungsvormundschaft mit
der privatrechtlichen Vormundschaft führte zu einer Anwendung
der Örundsätze des römischen Rechtes auf erstere. Es wurden
außer den Agnaten Mutter und Großmutter des minderjährigen
Landesherrn zu derselben berufen. Neben der gesetzlichen Vor-
mundschaft galt auch eine testamentarische oder durch die Reichs-
gerichte angeordnete Tutel für zulässig, Man übertrug ferner
die Einrichtung der vormundschaftlichen Regierung von dem Falle
der Minderjährigkeit auf den der körperlichen und geistigen Un-
fähigkeit des Landesherrn, und letztere hörte damit auf, ein Aus-
schließungsgrund von der Thronfolge zu sein. Erst die neueren
Verfassungen, deren große Mehrzahl Bestimmungen über das
Institut der Regentschaft (Reichsverwesung, Regierungsverwesung)
enthält, haben den Unterschied zwischen der staatsrechtlichen
Regentschaft und der privatrechtlichen Vormundschaft schärfer
hervorgehoben®.
Nach heutigem Recht wird eine Regentschaft notwendig,
wenn entweder der Monarch sich außerstande befindet, selbst die
Regierung zu führen, oder wenn die Person des Sukzessions-
berechtigten zeitweilig ungewiß ist®.
Der erste Fall tritt ein:
und Braunschweig (Literaturangaben bei Werbrun, Entstehung u. Wesen
der gegenwärt. braunschweig. Regentschaft [1904] und Graf Bernstorff, Über
Regentschaft 11909]; dazu noch Trieps, Das braunschw. Regentschaftsgesetz
[19 2 und vor allem Rhamm, Braunschw. Staatsr. 14ff. Vgl auch unten
‘. 20).
2S.8p. I4 II F. 36.
® Für die Kurfürstentümer enthält eine Anerkennung des Grundsatzes
die GB. c. XXV. [Vgl. oben $ 89 N. 25. Die heutige Geltung und An-
wendbarkeit dieser Grundsätze der GB. ist, wie dag oben $ 89 N. 26 an-
gegebene Beispiel Badens und Braunschweigs beweist, nicht ausgeschlossen,
überall da aber, wo das Institut der Regentschaft durch die Verfassung oder
Spezialgesetz erschöpfend geordnet ist (in Preußen, Bayern, Sachsen, Württem-
berg, Hessen und anderen Staaten), zu verneinen. And. M. für Bayern Bloch
N IN. 42 233 f., HOLf., 970, jedoch sicher mit Unrecht; vgl. oben
. 26.
« ven für die Kurfürstentümer GB. c. VIIS 4.
6 Dagegen ist die Theorie noch längere Zeit von der älteren privat-
rechtlichen Auffassung abhängig geblieben. Dies gilt namentlich von der
Behandlung der „Regierungevormundschaft” bei Kraut a. a. O. und Zöpfl,
St.R. 1 88 238 ff.; [vgl. aber auch Rehm a. a. O. 433 ff.].
6 [Die Landesgesetz ebung ist in der Aufstellung von Regentschafts-
ünden unbeschränkt, So erteilt das braunschweigische Gesetz vom
6. Februar 1379 den zuständigen Faktoren die vollkommen arbiträre Er-
mächtigung, eine Regentschaft einzusetzen, falls der Thronfolger am so-
fortigen Regierungsantritte „irgendwie“ (insbes. aus allgemeinen poli-
tischen Gründen) „behindert 'sein sollte“. Vgl. unten N. 20.]