Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

310 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 92. 
galt namentlich für Lehnsgüter?. Auch in die Landeshoheit konnte 
eine mit solchen Mängeln behaftete Person nicht sukzedieren?®. 
Dagegen trat im Falle der Minderjährigkeit, nachdem das An- 
gefälle des Lehnsherrn sich verloren hatte, eine vormundschaftliche 
Verwaltung ein, deren Führung dem nächsten Agnaten gebührte*. 
Die Vermischung der sogenannten Regierungsvormundschaft mit 
der privatrechtlichen Vormundschaft führte zu einer Anwendung 
der Örundsätze des römischen Rechtes auf erstere. Es wurden 
außer den Agnaten Mutter und Großmutter des minderjährigen 
Landesherrn zu derselben berufen. Neben der gesetzlichen Vor- 
mundschaft galt auch eine testamentarische oder durch die Reichs- 
gerichte angeordnete Tutel für zulässig, Man übertrug ferner 
die Einrichtung der vormundschaftlichen Regierung von dem Falle 
der Minderjährigkeit auf den der körperlichen und geistigen Un- 
fähigkeit des Landesherrn, und letztere hörte damit auf, ein Aus- 
schließungsgrund von der Thronfolge zu sein. Erst die neueren 
Verfassungen, deren große Mehrzahl Bestimmungen über das 
Institut der Regentschaft (Reichsverwesung, Regierungsverwesung) 
enthält, haben den Unterschied zwischen der staatsrechtlichen 
Regentschaft und der privatrechtlichen Vormundschaft schärfer 
hervorgehoben®. 
Nach heutigem Recht wird eine Regentschaft notwendig, 
wenn entweder der Monarch sich außerstande befindet, selbst die 
Regierung zu führen, oder wenn die Person des Sukzessions- 
berechtigten zeitweilig ungewiß ist®. 
Der erste Fall tritt ein: 
und Braunschweig (Literaturangaben bei Werbrun, Entstehung u. Wesen 
der gegenwärt. braunschweig. Regentschaft [1904] und Graf Bernstorff, Über 
Regentschaft 11909]; dazu noch Trieps, Das braunschw. Regentschaftsgesetz 
[19 2 und vor allem Rhamm, Braunschw. Staatsr. 14ff. Vgl auch unten 
‘. 20). 
2S.8p. I4 II F. 36. 
® Für die Kurfürstentümer enthält eine Anerkennung des Grundsatzes 
die GB. c. XXV. [Vgl. oben $ 89 N. 25. Die heutige Geltung und An- 
wendbarkeit dieser Grundsätze der GB. ist, wie dag oben $ 89 N. 26 an- 
gegebene Beispiel Badens und Braunschweigs beweist, nicht ausgeschlossen, 
überall da aber, wo das Institut der Regentschaft durch die Verfassung oder 
Spezialgesetz erschöpfend geordnet ist (in Preußen, Bayern, Sachsen, Württem- 
berg, Hessen und anderen Staaten), zu verneinen. And. M. für Bayern Bloch 
N IN. 42 233 f., HOLf., 970, jedoch sicher mit Unrecht; vgl. oben 
. 26. 
« ven für die Kurfürstentümer GB. c. VIIS 4. 
6 Dagegen ist die Theorie noch längere Zeit von der älteren privat- 
rechtlichen Auffassung abhängig geblieben. Dies gilt namentlich von der 
Behandlung der „Regierungevormundschaft” bei Kraut a. a. O. und Zöpfl, 
St.R. 1 88 238 ff.; [vgl. aber auch Rehm a. a. O. 433 ff.]. 
6 [Die Landesgesetz ebung ist in der Aufstellung von Regentschafts- 
ünden unbeschränkt, So erteilt das braunschweigische Gesetz vom 
6. Februar 1379 den zuständigen Faktoren die vollkommen arbiträre Er- 
mächtigung, eine Regentschaft einzusetzen, falls der Thronfolger am so- 
fortigen Regierungsantritte „irgendwie“ (insbes. aus allgemeinen poli- 
tischen Gründen) „behindert 'sein sollte“. Vgl. unten N. 20.]
	        
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