326 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 9.
sofort eine reelle Ausscheidung eingetreten, sondern der gesamte
Güterkomplex bleibt zunächst unter gemeinsamer Verwaltung und
die tatsächliche Teilung findet erst dann statt, wenn das be-
treffende Haus aufhört, die Regierung des Landes zu führen ®!,
4. Nur in wenigen Ländern ist eine ausdrückliche gesetzliche
Regelung der Eigentumsrechte am Kammervermögen bisher nicht
erfolgt?®. Als Eigentümer des Kammergutes muß hier der jeweilige
Landesherr [nach der heute herrschenden Meinung, oben N. 15,
das regierende Haus als Korporation] angesehen werden 2,
Die beiden Eigenschaften desselben, welche das moderne Staats-
recht sonst unterscheidet, Staatsoberhaupt und Repräsentant der
Familie, sind in dieser Beziehung noch ununterschiedlich in einer
Person vereinigt. Es hat sich in dem Kammergut ein Stück alter
Verfassung erhalten, welches in das moderne Staatsleben hinein-
ragt. Die Verwaltung desselben erfolgt hier entweder durch die
Staatsbehörden in der Weise, daß die Einkünfte zu Staatszwecken
verwendet werden und der Landesherr nur eine Zivilliste erhält **.
Oder die Verwaltung wird durch eine besondere Behörde geführt,
und die Einkünfte dienen zur Bestreitung der Bedürfnisse des
fürstlichen Hauses ®,
worden. Aus letzterem erhält jedoch der Großherzog zur Ergänzung seiner
Dotation noch eine Zivilliste. Anhalt. G., die Auseinandersetzung des herzog-
lichen Hauses und des Landes bezüglich des Domaniums betr., vom 28. Juni
1869, Nachtrag vom 3. April 1877 und 26. März 1834.
21 Hess. Verf. Art. 7, S.-Mein. G. vom 20. Juli 1871 Art, 6, 10—1°.
Ebenso wie im Text wird die Hessische Verf. ausgelegt von Cosack,
Staatsr. des Großh. Hessen 5. Dagegen wollen Rehm, Mod. Fürstenr. 331, 332
und van Calker, Hess. Staatsr. 34 das Eigentum an den in Art. 7 a. a. Ö.
bezeichneten zwei Dritteln dem jeweils regierenden Hause zusprechen; Rehm
will die des Thrones verlustig gehende Familie auf einen Entschädigungs-
anspruch beschränken.] — Nach dem S.-Goth. G. und Vertr. vom 1. März
1855 ist zwar die Ausscheidung sofort erfolgt, doch bleibt das Domänengut
verpflichtet, einen näher bestimmten Beitrag zu den Staatslasten zu leisten,
dessen Zahlung wegfällt, wenn das berzogliche Haus aufhört, in Gotha zu
regieren.
u S.-Weimar, Braunschweig, Waldeck. — Das S.-Weim. G., die Ver-
waltung des großherzoglichen Kammervermögens betr, vom 4. Mai 1854,
das die Verabschiedung vom 6. April 1848, durch welche das Kammergut
mit dem Staatsvermögen vereinigt war, wieder aufhob, bestimmt lediglich,
daß die vor dem 6. April 1348 bestehenden Rechte am Kammervermögen
wieder eintreten sollen. Die Braunschw. N. LO. $ 164 beschränkt sich eben-
falls darauf, zu erklären, daß die bisherigen Rechtsverhältnisse des Kammer-
gutes und namentlich die Bestimmungen des Edikts vom 1. Mai 1794 unver-
ändert bleiben.
:8 Reyscher in den N. 4 angeführten Schriften: Heinze a. a. O. 276 ff.;
Held G 299) 2 184 ff.; H. Schulze, Lehrbuch des deutschen Staatsr. ($ 205)
579
2+ S.-Weim. G. vom 4. Mai 1854, Braunschw. N, LO. 8$ 166—174.
835 So in Waldeck. Durch den Akzessionsvertrag vom 24. November
1877 war eine Beitragspflicht des Domanialvermögens zu den Staatslasten
begründet worden, die aber nach Art. 9 des Vertr. vom 2. März 1837 wieder
in Wegfall gekommen ist. Dagegen liegt die Unterhaltung des Konsistoriums
ala Oberkirchenbehörde und der fürstlichen Schlösser ausschließlich dem
Fürsten ob. Über die Verwaltung vgl. V. vom 18. Dezember 1867.