Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe, $ 95. 327 
8 95. 
Mit Einführung der Primogeniturordnung entstand das Be- 
dürfnis, für die pekuniäre Ausstattung der jüngeren Prinzen und 
Prinzessinnen des Hauses Sorge zu tragen. Dieser Verpflichtung 
gab schon die Goldene Bulle! Ausdruck. Die speziellere Regelung 
der F'rage erfolgte durch die Hausgesetze der fürstlichen Familien. 
Die ältere Form der Versorgung war die der Paragien, d.h. 
der Anweisung bestimmter Güter, um die Einkünfte derselben zu 
beziehen. Die jüngere und in neuerer Zeit allgemein übliche? 
Form ist die der Apanagen, d.h. jährlichen Rentenzahlungen®. 
Der Anspruch auf Apanage ist ein Alimentationsanspruch des be- 
rechtigten Prinzen gegenüber dem Monarchen oder dem Staate. 
Maßgebend für die Beurteilung desselben sind jedoch nicht die 
Grundsätze des römischen Rechts über Alimentationspflicht, sondern 
die autonomischen Bestimmungen und das Herkommen des be- 
treffenden Hauses“. 
Die Höhe der Apanagen ist in neuerer Zeit in der Regel 
durch Staats- oder Hausgesetz spezieller fixiert worden®. Dabei 
kommen zwei verschiedene Systeme vor. Nach dem einen wird 
die Apanage den einzelnen Prinzen des Hauses persönlich aus- 
gesetzt®, und diese treten mit erlangter Volljährigkeit in den An- 
spruch ein’. Nach dem anderen ist sie für die betreffende Linie 
bestimmt. Die Söhne bekommen zu Lebzeiten des Vaters keine 
besondere Apanage, sondern müssen von diesem unterhalten 
1G.B. cap. 2585. 
® [nach manchen Hausgesetzen allein zulässige! Vgl. z. B. Bayr. 
Familienstatut vom 5. August 1819 Tit. VI $ 1, Württ. Hausges. vom 
8. Juni 1828 Art. 23.] 
® E. Meier, Art. „Apanage“ in v. Holtzendorffs Rechtslexikon 1 127 ff. 
Rintelen, Art. „Apanage“ in Conrads Handwörterbuch der Staatswissenschaften 
(3. Aufl.) 1 559 ff.; O. Schwartz, Art. „Apanage“ im WStVR. 1 139, 140. 
* Eigentümliche Grundsätze über die Versorgung der Nachgeborenen 
bestehen im fürstlich reußischen Hause. Nach diesen findet eine Teilung 
der Einkünfte zwischen dem regierenden Herrn und den übrigen Prinzen 
statt, so daß ersterer !/s für sich erhält, während die übrigen ®/s unter sämt- 
lichen Mitgliedern des Hauses einschließlich des regierenden Herrn zu gleichen 
Teilen repartiert werden (Hausvertr. vom $., 4. und 5. September 16% Art. 6, 
abgedruckt bei H. Schulze, Hausgesetze 2 337 ff.). er das Paragiat Reuß- 
Köstritz vgl. Testament Heinrichs I. vom 25. Mai 1687 (a. a. O. 330 ff.), dazu 
Rehm, Mod. Fürstenr, 355. 
® Bayr. Familienst. Tit. VI $ 1, Württ. Hausges. Art, 30-33, Sächs. 
Hausges. Ss 19—23. Bad. Apanagengesetz vom 21. Juli 1839 [Staatsgesetz !] 
8 2, 8.-Kob.-Goth. Hausgesetz Art. 98—108, Old. Hausges. Art. 46, Meckl.- 
Schw. V. vom 15. Oktober 1872 Nr. 8, Wald. Hausg. $ 27. 
© Bad. Apanagenges. $ 2, S.-Mein. G. vom 9. März 1896 Art. 8, Old. 
Hausges. Art. 46, Meckl,-Schw. V, Nr. 8. Diese Einrichtung besteht auch 
im preuß. Königshause (H. Schulze, Hausgesetze 8 622). [Die Bezüge der 
Mitglieder des kgl. Hauses außer dem Monarchen, die Apanagen usw., sind 
in Preußen keine Staatsprästationen, überhaupt keine Einrichtungen des 
Staatsrechts.] ' 
? Bad. Apanagenges. 5 5, S.-Mein. G. vom 9. März 1896 Art. 8, Old. 
Hausges. Art. 49, Meckl.-Schw. V. Nr. 3,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.