Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. $ 102. 357 
ein Teil der Abgeordneten aus und wird durch Neuwahlen er- 
gänzt”. Die Wahlperiode beginnt im Zweifel mit dem Tage 
der Wahl®; | 
2. durch Auflösung des Landtages oder der be- 
treffenden Kammer. [S. unten 3 103.| Die Auflösung hat 
die Vornahme von Neuwahlen im Gebiete des ganzen Staates zur 
Folge. Diese erfolgen ebenso wie die ordentlichen Wahlen, für 
eine volle Legislaturperiode®., 
Die Eigenschaft der einzelnen Abgeordneten erlischt: 
1. durch Tod; 
2. durch Niederlegung des sog. Mandates. Eine solche 
ist jedem Abgeordneten gestattet!°; 
? Hess. WG. Art. 61 Abs. 2, Reuß ä. L. Verf. 8$ 53 u. 54 (G. vom 
18. Mai 1913). 
8R. v. Mohl, Württ. Staater. 8 100 N. 6; v. Rönne, Preuß. Stasatsr. 
& 58) 1 234; Zorn in der 5. Aufl. dess. ($ 24) 1 305 und DJZ. 16 668 ff.; 
. Schulze, Preuß. Staater. $ 160; v. Berdel-Piloty, Bayr. Staatsr. 1 250 
(ausführlicher ist die Frage ın der 2. Aufl. desselben Werkes 1 434 ff., von 
Seydel behandelt); Schwartz, Preuß. Verfassungsurk. 222 ff.); Anschütz im 
Preuß. Verw.Bl. 19 157ff. und in der Enzykl. 146; Perels im ArchÜffR. 
19 6 ff., 10 ff. (mit ausführlicher und überzeugender Begründung); K. Herrfurth 
im VArch. 14 89. Vgl. übrigens auch die Erörterung der Frage für den 
Reichstag, unten $ 180. — And, Ans.: Herrfurth in der DJZ. 82f.; 
Bornhak, Preuß. Staatsr. 1419; Arndt, Komm., zu Art. 73, in AnnDR. (1908) 735, 
in der DJZ. 7 477, im VArch. 14 506 ff. und in den Preuß. Jahrb. (1903) 8 460; 
Graf Hue de Grais, Handb. der Gesetzgebung; Der preußische Staat, (Berlin 
1903) 1 23 N. 112, welche den Tag des Zusammentritts als den Beginn der 
Legislaturperiode ansehen, In Preußen ist dies auch die — in der Praxis 
zum Ausdruck gebrachte — Meinung der Kgl. Staatsregierung, während 
das Haus der Abgeordneten in der Sitzung vom 28. Jan. 1899 sich zu dem 
im Text vertretenen Standpunkt bekannt hat; vgl. Perels a. a. O. 11ff., 14; 
K. Herrfurth im Verw.Arch. 14 95. Den Grundsatz, daß die Legislatur- 
periode mit dem Tag des Zusammentritts beginne, stellt ausdrücklich auf 
.„Weim. WG. 8 43 u. Old. StGG. Art. 120 (G. vom 17. April 1909), wogegen 
die Württ. Verf. $ 157 (E assung vom 16. Juli 1906) und die Bad. Verf. (Fassung 
vom 24. Aug. 1904) $ 37 Abs. 8 die im Text vertretene und herrschende Meinung 
sanktionieren; ebenso das RG. über die Verfassung Elsaß-Lothringens vom 
31. Mai 1911, $ 8 Abe. 3. 
® Nach dem Old. StGG. Art. 150 $ 3 (dazu G. vom 17. April 1909) tritt 
der neugewählte Landtag nur in die Periode des aufgelösten ein. Denselben 
Grundsatz will R. v. Mohl, Württemb. Staater. $ 100 N. 6 auch für Württem- 
berg in Anwendung bringen, doch bietet die württembergische Gesetzgebung 
keinerlei Anhalt für eine derartige Auffassung. 
10 Ausdrücklich wird dies ausgesprochen durch Bayr. LandtagsWG. 
Art. 36, Sächs. WG. $ 2, Württ. Verf. $ 158, Bad. Verf. $ 39, Hess. WG. 
Art. 56, S.-Mein. WG. Art. 17, S.-Kob.-Goth. StGG. $ 87, Braunschw. G. über 
Zusammensetzung des Landtags as Old. StGG. Art. 119 u. 122, Schw.- 
Sondh. LGG. $ 24, Schw.-Rud. GG. $ 19, Wald. WG. $ 11. — Die Ge- 
nehmigung der Kammer zur Niederlegung des Mandates erfordert das Sächs. 
WG. vom 3. Dez. 1868 $ 8, wenn dieselbe während der Dauer einer Sitzungs- 
periode erfolgt. — Wo die Annahme des Mandates eine Pflicht ist, bleibt 
natürlich auch die Nisderlegung ohne Vorhandensein der gesetzlichen Gründe 
ausgeschlossen. S.-Alt. WG. 8 26, Gesch.-Ordn. $ 57, Reuß ä. L. Verf. $ 59. 
Zur Frage der Verzichtbarkeit des Rechts als Abgeordneter vgl. Laband, 
StR. 1 N, 2; Jellinek, System $41f.; Schoenborn, Studien zur Lehre 
vom Verzicht im öffentl. Recht (1908) 79, 85.