Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

382 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 106. 
welcher ein Amt im objektiven Sinne als ihr Wirkungskreis über- 
tragen ist (Polizeiamt—= Polizeibehörde, Bezirksamt — Bezirks- 
verwaltungsbehörde, Grundbuchamt = die mit Wahrnehmung der 
Grundbuchgeschäfte betraute Behörde), Das begriffsbildende 
Moment ist in diesem Falle die Einheit des Trägers eines Amts 
im objektiven Sinne.]. 
Fine Behörde kann entweder aus einer oder aus mehreren 
Personen bestehena. Ersterenfalls spricht man von einer bureau- 
mäßigen Organisation, ebenso dann, wenn die Behörde zwar mit 
mehreren Personen besetzt ist, jedoch die alleinige Entscheidung 
in den Händen einer Einzelperson liegt, des „Chefs“ der Behörde, 
dem gegenüber die anderen Mitglieder nur den Charakter von 
Gehilfen haben. Im Gegensatz hierzu beruhen bei einer kolle- 
gialisch organisierten Behörde die Beschlüsse derselben auf 
einer Abstimmung, bei welcher die Majorität den Ausschlag gibt. 
Die Behörden sind teils Zentral-, teils Provinzial- und 
Lokalbehörden. Die Zentralbehörden sind dem Staatsober- 
haupt (in der Monarchie also dem Monarchen) unmittelbar unter- 
geordnet; ihr Geschäftsbereich erstreckt sich regelmässig auf das 
ganze Staatsgebiet. Die Provinzial- (Mittel-) und Lokalbehörden 
sind höheren Behörden (die Mittel- den Zentral-, die Lokal- den 
Mittelbehörden) unmittelbar untergeordnet; ihre Zuständigkeit um- 
faßt örtlich nur einen Teil des Staatsgebietesb, Die Tätigkeit der 
Behörden liegt auf den Gebieten der Justiz und der Verwaltung; 
nach der Art ihrer Tätigkeit zerfallen sie demnach in Justiz- 
behörden (Gerichte) und Verwaltungsbehörden. 
Amtsbezirk heißt das Gebiet, innerhalb dessen einer 
Behörde obrigkeitliche Befugnisse zustehen, Zuständigkeit 
(Kompetenz) ist das Recht, gegenüber einer bestimmten Person 
von diesen Befugnissen Gebrauch zu machen. Über die Zuständig- 
keit der Gerichte finden sich ausführliche Vorschriften in den 
Prozeßgesetzen, die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden be- 
& Daß die Mitglieder der Behörden Beamte sein müssen, wie die Vor- 
aufl. (S.342, 348) behauptete, ist unrichtig. Es gibt Behörden, die teils mit 
Beamten, teils mit Nichtbeamten (über den Begriff des Beamten vgl. unten 
8 143) besetzt sind, so z.B. die Schwurgerichte, Schöffengerichte (Gegensatz 
zwischen den beamteten Richtern und den unbeamteten Geschworenen bzw. 
Schöffen!). die preußischen Bezirks- und Kreisausschüsse (unten $ 116) die 
aus Beamten und Laien gemischten Steuerverwaltungskommissionen usw. 
b Zentralbehörden mit örtlich beschränkter Kompetenz kommen heute 
nur noch ganz ausnahmsweise vor; in früheren Epochen der Staatsentwick- 
lung häufiger, so z. B. im 18. Jahrhundert in Preußen (besondere Zentral- 
stellen für einzelne Provinzen, sog. Provinzialsystem, vgl. Jellinek, StL 
633 £.; E. v. Meier in der Enzykl. (6. Aufl.) 2656, Schoen das. (7. Aufl.) 3 225. — 
Auch der Satz, daß die Mittelbehörden örtlich auf einen Teil des Staats- 
ebietes beschränkt sind, steht nicht ausnahmelos da: es kommen, nament- 
ich in kleineren Staaten, Behörden vor, denen die Immediatstellung zum 
Staatsoberhaupt, also die Eigenschaft einer Zentralbehörde, fehlt, deren 
Geschäftsbereich sich aber auf den ganzen Staat erstreckt (sog. Zentral- 
mittelstellen), z. B. die Zoll-, Steuer-, Domänen-, Eisenbahndirektionen, die 
höheren Schulaufsichtsbehörden in Württemberg, Sachsen, Baden.
	        
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