Die Organe. $ 107. 391
übertragenen städtischen Amter zu verwalten, blieb stets anerkannt,
Dagegen war auf dem Lande die Selbstverwaltung der Gemeinden
unter dem Drucke der Gutsherrlichkeit mehr und mehr unter-
gegangen. Im Anfang des vorigen Jahrhunderts fand zuerst eine Neu-
belebung der städtischen Selbstverwaltung durch die preußische
Städteordnung vom 19. November 1808 statt, welche auch für die
meisten anderen deutschen Staaten maßgebend wurde. Von den
Städten verbreiteten sich die neuen Grundsätze der Gemeinde-
verfassung auf das Land, nachdem dort durch Aufhebung der
Gutsberrlichkeit der Boden dafür geebnet war. Dagegen behielt
man in den größeren Bezirken des Staates auch nach Einführung
der konstitutionellen Verfassungen die rein bureaukratische Ver-
waltung des absoluten Staates bei. Die kommunale Organisation,
welche in den Kreisen, Bezirken und Provinzen geschaffen wurde,
diente höchstens der Verwaltung gewisser Anstalten. Erst in
neuerer Zeit sind auch in den Kreisen, Bezirken und Provinzen
Selbstverwaltungsorgane mit obrigkeitlichen Befugnissen geschaffen
worden.
I. Geschichtliche Entwicklung der deutschen Behörden-
organisation!,
$ 107.
1. Die landesherrliche Gewalt in Deutschland hat sich aus
einer Verbindung der Amtsbefugnisse der ehemaligen Reichs-
1 [Bearbeitungen der geschichtlichen Entwicklung des landesherrlichen
Beamtentums und der landesberrlichen Behörden gehören erst der neueren
Zeit an. Allgemeine Darstellungen der mittelalterlichen und späteren
Entwicklung: Schröder, Deutsche Rechtsgesch. (5. Aufl.) 611 ff, 877 ff;
Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalter 1 1357 ff., Deutsche
Geschichte 3 76fl., 4 310f., 5° 518 ff.; v. Below, Territorium und Stadt
283 f.; Loening, Lehrb. d. deutsch, VerwR 8S 8, 9, 31, 32; A. Stölzel, Die
Entwicklung des gelehrten Richtertums in deutschen Territorien, 2 Bde.,
Stuttgart 1872; G. Schmoller, Der deutsche Beamtenstand vom sechzehnten
bis achtzehnten Jahrhundert in seinem Jahrb. 8 695 ff.; W. Wittich, Die
Grundherrschaft in Nordwestdeutschland, Leipzig 1896. — Für die Entwick-
lung der preußischen Behördenverfassung und des preußischen Beamten-
tums: Kühns, Geschichte der Gerichtsverfassung in der Mark Brandenburg,
2 Bde, Berlin 1867; Isaacsohn, Geschichte des preußischen Beamtentums,
3 Bde., Berlin 1874—1884; C. Twesten, Der preußische Beamtenstand, in d.
Preuß. Jahrb. 18 1ff., 109 ff.; G. Schmoller, Der preußische Beamtenstand
unter Friedrich Wilhelm I. in den Preuß. Jahrb. 26 148 ff., 253 ff., 538 ff., die
hier $ 110 Nr. 2 zit. Arbeiten desselben Verfassers über preußisches
Städtewesen; E. v. Meier, Die Reform der Verwaltungsorganisation unter
Stein und Hardenberg, Leipzig 1881 (2. Aufl, nach dem Tode des Verfassers
herausg. von Thimme, 1912); Derselbe, Französische Einflüsse auf die Staats-
und Rechtsentwicklung Preußens, 2 Bde., 1907, 1908; Derselbe in Enzykl.
(6. Aufl.) 2653 f.; Schoen, in der Enzykl. (7. Aufl.) 4219 ff., C. Bornlıak, Ge-
schichte des preußischen Verwaltungsfechtes, 3 Bde., Berlin 1884—1886;
Derselbe, Preuß. Staats- und Rechtsgeschichte 5 ff., 71 ff., 35 ff., 94 ff., 102 ff.,
161 ff., 168 ff. usw.; derselbe, Preuß. Staatsr. Bd. 1 und 2 passim; A, Stölzel.
Brandenburg-Preußens Rechtsverwaltung und Rechtsverfassung, 2 Bde.,