Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

398 Zweiter Teil. Zweites Buch. 8 107. 
in Magdeburg und Pommern hießen sie „Landräte“ (Räte des 
„Landes“, d.h. der Landstände), welchen Namen 1702 auch die 
märkischen Kreisdirektoren auf ihr Ansuchen erhielten !?.] Viel- 
fach wurden diese Landräte vom Landesherrn mit den Funktionen 
der Land- und Marschkommissare betraut. Mit dem Verfall der 
ständischen Einrichtungen nahmen sie immer mehr den Charakter 
landesherrlicher Beamten an; es erhielt sich jedoch ein Präsen- 
tationsrecht der Kreisstände für das Amt. Für die Städte waren 
besondere Steuerkommissarien oder Steuerräte (commissarii loci) 
eingeführt worden, ursprünglich um die Erhebung der Akzise zu 
kontrollieren. Sie gewannen aber sehr bald einen bedeutenden 
Einfluß auf die Verwaltung aller städtischen Angelegenheiten, 
namentlich auf die Polizei. 
Friedrich Wihelm I. vereinigte!* die mit der Verwaltung 
der Domänen betrauten Amtskammern und die Kommissariate zu 
Kriegs- und Domänenkammern, in deren Hände dadurch 
die gesamte Militär-, Finanz- und Polizeiverwaltung gelangte. 
Als oberste Behörde für diese Angelegenheiten fungierte eine Ab- 
teilung des Geheimen Rats (oben S. 394), das General-Ober-Finanz-, 
Kriegs- und Domänendirektorium, gewöhnlich kurz General- 
direktorium genannt!®, Die untergeordneten Organe der 
Kriegs- und Domänenkammern waren auf dem Lande die Land- 
räte, in den Städten die Steuerräte, auch „commissarii loci“ genannt 
(s. oben): ständige Kommissare der Kriegs- und Domänenkammer, 
denen je eine Mehrzahl von Städten (zuweilen zehn bis zwölf, 
auch mehr) zur Beaufsichtigung und Leitung der kommunalen 
Verwaltung im allgemeinen, der Akziseverwaltung insbesondere, 
zugewiesen war!®, 
Nachdem auf diese Behörden und Beamten alle hauptsächlichen 
Funktionen der Verwaltung übergegangen waren, blieben für die 
Regierungen wesentlich nur jurisdiktionelle Befugnisse und die 
Handhabung einzelner besonderer Landeshoheitsrechte, z. B. des 
kirchlichen Oberaufsichtsrechtes, übrig!’”. Soweit war in Preußen 
!8 Isaacsohn a. a. O. 312ff.;, Mascher, Das Institut der Landräte in 
Preußen, (Berlin 1868) 38 ff.; E. v. Meier, Reform der Verwaltungsorgani- 
sation 102 ff., Hannoversche Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte 2 406 ff. 
in Verbindung mit 399 ff. (vergleichende Charakteristik der Typen „Amt- 
mann“ und „Landrat“) und in der Enzykl. (6. Aufl.) 658fl., Schoen, das. 
(7. Aufl.) 222 ff.; G. Schmoller, Acta Borussica 1 100; Hintze, Acta Borussica 
6 1 256 fl, 347F., 377, 390f., 421 ff., historisch-politische Aufsätze 
1 90 ff., Sitzungsberichte der preuß. Akad. d. Wiss. 1915 352 ff.; Bornhak, 
Preuß, StR 2 271 ff; Preuß. Staats- und Rechtsgesch. 118 ff. und passim; Gelpke, 
Die geschichtliche Entwicklung des Landratsamts der preußischen Monarchie 
im VerwArch. 10 211f. 
14 E. v. Meier in der Enzykl. (6. Aufl.) 656 ff. Das Urkundenmaterial 
in Acta Borussica 3 532 ff. 
15 Vgl. die Zitate in voriger Note. 
16 Isaacsohn a. a. O. 8 116 ff.; [Bornhak, Geschichte des preuß. VerwR 
2 47 ff, Preuß. Staats- und Rechtsgesch. 167 ff.; E. v. Meier, Reform 93 ff.; 
Hintze in den Acta Borussica VI 1 248 ff. 
1? Hierüber vgl. die oben Note a zitierte Literatur.
	        
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