Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. $ 109. 407 
der Errichtung und Verwaltung allgemeiner Anstalten und ander- 
weiter Fürsorge für die Bewohner, teils in der Ausübung von 
Hoheitsrechten. Diese Hoheitsrechte werden entweder als 
den Gemeinden zustehend angesehen oder als Rechte des 
Staates aufgefaßt, welche dieser Gemeindeorganen zur Ausübung 
überträgtf. Die der Gemeinde zustehenden obrigkeitlichen Befug- 
nisse beruhen auf staatlichen Gesetzen. Sie können also durch 
Akte der staatlichen Gesetzgebung sowohl erweitert als ein- 
geschränkt als den Gemeinden entzogen werden. Solange aber 
eine derartige Entziehung nicht erfolgt ist, haben die Gemeinden 
dem Staate gegenüber ein Recht auf Ausübung derselben. 
[Keinesfalls hat die Gemeinde im modernen Staate „eigene“, d.h. 
eigenständige, originäre, nicht vom Staate abgeleitete Herrschafts- 
und Zwangsgewalt. Denn solche Gewalt steht unter heutigen Ver- 
hältnissen nur dem Staate selbst zu und es liegt in diesem Punkte 
ja gerade das Unterscheidungszeichen zwischen dem Staate und 
allen innerstaatlichen Verbänden, insbesondere zwischen Staat und 
Gemeindeg. Soweit also die Gemeinde Gewalt („Hoheitsrechte“), 
z. B. Selbstgesetzgebung (Autonomie), Gerichtsbarkeit, Polizei, 
Finanzgewalt ausübt, kann sie dies nur tun auf Grund und im 
Rahmen staatlicher Ermächtigungh. 
Die größeren Bezirke des Staates (Kreise, Bezirke, 
Provinzen) sind entweder bloße Staatsverwaltungsbezirke. 
In diesem Falle werden sie von Staatsbeamten regiert und haben 
nicht den Charakter eines eigenen Rechtssubjektes. [Beispiele: 
Regierungsbezirk in Preußen, Amtsbezirk in Baden.] Oder 
sie sind zugleich Kommunalverbände, also besondere 
Rechtssubjekte [preußische und hessische Provinzen und Kreise, 
bayrische und sächsische Kreise und Bezirke, württembergische 
Oberamtsbezirke usw... Diese Kommunalverbände höherer 
Ordnung sind meist eine Schöpfung der modernen Staatsgesetz- 
gebung. Die staatliche Gesetzgebung hat daher auch den Kreis 
der Angelegenheiten bestimmt, welche denselben zur selbständigen 
Erledigung überlassen sind. Als solche kommunale An- 
gelegenheiten gelten die Verwaltung des Vermögens und 
er Anstalten des Kommunalverbandes; diese ist den kommunalen 
Organen zur alleinigen und ausschließlichen Ordnung übertragen. 
den Anmerkungen b und c angeführten Stellen, ferner Schoen, Enzykl. 
(7. Ani) 4 237. 
f So wird die Finanzgewalt der Gemeinde überall als subjektivcs 
Recht derselben betrachtet, während in bezug auf die Polizeigewalt beide 
Auffassungen vorkommen. Vgl. & 111. 
& Oben $ 1 Anmerkung b und ce und S. 49. 
h A.M. Gierke, Genossenschaftsr. 1 733 f., Rosin, Ann.D.R. (1883) 
291 f£., Helfritz, die Vertretung der Städte und Landgemeinden nach außen 
(1916), sowie namentlich Preuss an verschiedenen Stellen seiner Werke, z.B. 
Städtisches Amtsrecht 131 ff, Übereinstimmend mit der Anschauung des 
Textes insbesondere Jellinek (vgl. die Zitate oben Anmerkung b) und Schoen, 
Enzykl. 237.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.