Einleitung. $ 8. 3l
von der gesetzgebenden Gewalt verschiedenen, ihr übergeordneten
„verfassunggebenden“ Gewalt, sondern, abgesehen von jenen er-
schwerten Formen der Abänderung, als einfaches Gesetz.]
2. Der Inbegriff der dem Staate gegenüber seinen Gliedern
zustehenden Herrschaftsrechte wird als Staatsgewalt (im ob-
jektiven Sinne) bezeichnet. Bei Ausübung derselben können sowohl
verschiedene staatliche Organe als verschiedene Gemeinwesen
(Staat und Kommunalverbände) beteiligt sein. Trotzdem ist die
Staatsgewalt begrifflich als eine einheitliche Gewalt aufzu-
fassen. Zur Aufrechterhaltung dieser Einheitlichkeit ist es aber
notwendig, daß bestimmte Organe im Staate existieren, welchen
die Regelung der Kompetenzen zwischen den verschiedenen Organen
und den verschiedenen Gemeinwesen zustehte.
1 32 ff.) Kategorie des ius eminens hat im modernen Verfassungs- und Rechts-
staate keine Daseinsberechtigung mehr. Vgl. Anschütz, Verw.Arch. 5 22 ff.,
14 329, Kommentar 142; Jellinek, Staatsl. 361 ff.; Schultzenstein, Verw.Arch.
16 141; Wolzendorff, Arch Of.R. 27 220 fi., 238.
e Hier folgte im Text der früheren Auflagen eine Polemik ge en die
Lehre von der Gewaltenteilung. G. Meyer behauptete da, diese Lehre sei
von der „neueren Staatswissenschaft “verworfen worden, und zwar mit Recht,
weil sie die Einheit des Staates vernichte, indem sie die einzelnen Ausflüsse
der Staatsgewalt zu selbständigen Gewalten erhebe und weil sie das Ver-
hältnis der Funktionen zueinander verschiebe, sofern die Gesetzgebung der
Justiz und Verwaltung nicht, wie die Lehre behaupte, neben-, sondern
übergeordnet sei. Die Lehre habe weder in England, dessen Verfassung sie
entlehnt sei (vgl. Montesquieu, Esprit des Lois XI, 6 „de la constitution
d’Angleterre“) noch auf dem europäischen Kontinent Geltung erlangt.
iese Behauptungen beruhen auf einem Mißverständnis der von ihnen
bekämpften Lehre und auf einer Verkennung der Rechtswirklichkeit,
8 ist erstens nicht richtig, daß die Gewaltenteilung die Einheit des
Staates vernichtet. Montesquieus Lehre bedeutet einerseits eine theoretische
Unterscheidung, andererseits eine praktisch-politische Forderung (vgl. An-
schütz in der Kultur der Gegenwart 373, 374). Weder in jener noch in
dieser Bedeutung widerspricht sie dem Gedanken der Staatseinheit. Als
theoretische Unterscheidung will die Lehre die einheitliche Staatsgewalt
einteilen, drei verschiedene Sciten oder Stücke (Funktionen) der Staatsgewalt
aufzeigen. Das ist doch nicht Zerreißung der Staatsgewalt. Und ebenso-
wenig ist es eine solche Zerreißung, wenn die Lehre als praktisch-politisches
Organisationsprinzip die Verteilung der drei als verschieden erkannten
Funktionen auf getrennte Organe fordert; vgl. oben $ 5 S. 19 und Anm. 5.
Zweitens behauptet die Gewaltenteilungslehre, jedenfalls in der Gestalt
welche für Frankreich und die meisten kontinentalen Länder maßgeben
geworden ist, nicht, -daß die Gesetzgebung den beiden anderen Grund-
funktionen nebengeordnet sei. Aus Montesquieu ist das nicht herauszulesen,
und von einer Gleichordnung der richterlichen und vollziehenden mit der
gesetzgebenden Gewalt ist in keinem europäischen Staate jemals die Rede
ewesen. Anders allerdings in den Vereinigten Staaten von Nordamerika;
dort ist die richterliche der gesetzgebenden Gewalt koordiniert, sofern die
Organe der ersteren, die Gerichte, die Anordnungen der letzteren, die Gesetze,
nicht unbesehen, sondern nur insoweit anzuwenden haben, als sie mit der
Verfassung (die als eine den drei Gewalten, auch der Gesetzgebung, gleicher-
weise übergeordnete Potenz gilt) im Einklange stehen (vgl. oben 5 8, S. 28,
unten $ 173). Das ist aber eine amerikanische Besonderheit, die nicht als
allgemeines Merkmal oder notwendige Konsequenz der Gewaltenteilungslebre
bezeichnet werden darf.
Drittens ist die Behauptung, die Gewaltenteilung sei im positiven