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während die Landgemeinden wenigstens in einzelnen der betreffen-
den Staaten im Laufe der vierziger Jahre allgemeine Ordnungen
erhielten 3.
Einen neuen Anstoss für die Ordnung der Gemeindeverhält-
nisse gab die Bewegung des Jahres 1848 und die sich
daran anschließenden Ereignisse. Auf dieselbe wirkte sowohl die
allgemeine politische Strömung der damaligen Zeit, als speziell
die Bestimmungen der Reichsverfassung von 1849, durch welche
den Gemeinden gewisse Freiheiten und Befugnisse als Grund-
rechte ihrer Verfassungen zugesichert wurden !*, Die Gemeinde-
ordnungen dieser Zeit beruhten auf einer freisinnigen Grundlage,
berücksichtigten jedoch die historischen Verhältnisse und die Be-
dürfnisse des Staates vielfach zu wenig. Sie sind im Laufe der
fünfziger Jahre großenteils wieder beseitigt oder durch anderweite
Gesetze, welche einschränkendere Bestimmungen enthielten, ersetzt
worden!®, In anderen Staaten wurde wenigstens in einzelnen
Hinsichten das Gemeinderecht neu geordnetd.,
Eine weitere Reform der Gemeindeverfassungen ist in vielen
Staaten gegen Ende der sechziger und Anfang der sieb-
ziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts erfolgt. Dazu hat
zunächst die regere politische und gesetzgeberische Tätigkeit,
welche sich in Deutschland seit Gründung des norddeutschen Bundes
bezw. des Deutschen Reiches entwickelte, beigetragen. Außer-
dem ist durch die Reform der Kreis-, Bezirks- und Provinzial-
verfassungen, welche sich in dieser Zeit in den meisten deutschen
Staaten vollzogen hat, auch eine Revision der Gemeindeverfassungen
nahegelegt worden. Endlich hat das Bedürfnis, die Grundsätze
über Gemeindeangehörigkeit und Heimatrecht der Gesetzgebung
des norddeutschen Bundes und des deutschen Reiches über Frei-
zügigkeit, Verehelichungsfreiheit, Gewerbefreiheit und Unter-
stlitzungswohnsitz anzupassen, zu einer Neuregelung der Gemeinde-
verhältnisse Veranlassung gegeben !®.
18 Sachsen-Weimar (LGO vom 2. Februar 1840), Sachsen - Meiningen
(Edikt vom 15. August 1840).
14 RVerf Abschn. 6 Art. 11.
15 Preuß. GO vom 11. März 1850, wieder aufgehoben durch G. vom
24. Mai 1853 [s. E. v. Meier, Enzykl., 6. Aufl. 673 ff.. Schoen, das. 7. Aufl.
4 242, Kloeppel, 30 Jahre deutscher Verfass.-Gesch. 393 ff., Hannov. StO
vom 1. Mai 1851, LGO vom 4. Mai 1852, ersetzt durch StO vom 24. Juni
1858, LGO vom 28. April 1859, Nass. GO vom 12. Dezember 1848, ersetzt
durch GO vom 26. Juli 1854, S.-Weim. GO vom 22. Februar 1850, ersetzt
durch GO vom 18. Januar 1854.
d Vgl. z.B. für Hessen: G. vom 8. Januar 1852 die Bildung der Orts-
vorstände und des Gemeinderats betr., und vom 3, Mai 1858 betr. die Orts-
vorstände.
16 Zu den Staaten, welche in dieser Zeit eine Reform der Gemeinde-
verfassungen vorgenommen haben, gehören namentlich Bayern (Gesetze
vom 29. April 1869 und 19. Januar 1872), Sachsen (StO und LGÜ vom
24. April 1873), Baden (Gesetze vom 14. Mai 1870 und 24. Juni 1874),
Hessen (StO und LGO vom 13. und 15. Juni 1874), S.-Weimar (GO voın