Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

424 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 112. 
den Landgemeinden in der Regel an den Besitz eines bäuerlichen 
Grundstückes geknüpft. Das Erfordernis des Grundbesitzes ist 
für die Landgemeinden auch noch in einzelnen neueren Gemeinde- 
ordnungen festgehalten worden. Dagegen ist die Bedingung der 
Zugehörigkeit zu einer Zunft mit Einführung der Gewerbefreiheit 
allgemein aufgegeben. 
Die Gemeindemitglieder zerfielen noch im neunzehnten Jahr- 
hundert nach den Gesetzgebungen der meisten deutschen Staaten 
(ausgenommen Preußen, vgl. unten 2) in zwei Klassen: die Ge- 
meindeangehörigen (Heimatsberechtigten) und die Ge- 
meindebürger. Die Gemeindeangehörigkeit oder das 
Heimatrecht gewährte die Befugnis, sich dauernd in der Ge- 
meinde aufzuhalten, Grundbesitz in ihrem Gebiete zu erwerben, 
sich daselbst zu verheiraten und einen Hausstand zu begründen, 
die Gemeindeanstalten zu benutzen, Gewerbe zu betreiben, ferner 
den Anspruch, von der Gemeinde im Fall: der Verarmung unter- 
stützt zu werden?. Mit ihm war die Pflicht verbunden, zu den 
Gemeindelasten beizutragen®. Das Heimatsrecht wurde erworben 
durch Geburt (Abstammung von einem Gemeindeangehörigen), An- 
stellung, Verheiratung, Zuweisung durch die Regierung, welche 
bei heimatlosen Personen erfolgte, und Aufnahme seitens der Ge- 
meinde*, Die Aufnahme war an gewisse Erfordernisse geknüpft, 
deren Vorhandensein aber auch dem Nachsuchenden in der Regel 
einen Rechtsanspruch auf Aufnahme gewährte. Verloren wurde das 
Heimatsrecht durch Erwerb eines andern Heimatsrechtes, durch 
Verlust der Staatsangehörigkeit und durch Aufgabe des Wohn- 
sitzes, wenn es nicht speziell vorbehalten war®,. 
des badischen Gemeinderechts 1 673 ff.; Walz, Bad. StR 177 ff; Jebens im 
PrVBl 22 37 ff., 49 ff.; Stier-Somlo, Der verwaltungsgerichtliche Schutz des 
Bürger und Einwohnerrechts in Preußen (VerwArch 12 354, auch im Sonder- 
abdru 
2 Hann. StO 8 36, Kurhess. GO vom 23. Okt. 1834 88 9 und 10 vl. 
mit V. vom 29. Nov. 1823, Bayr. G. vom 16. April 1868 Art. 13, Württ. G. 
vom 4. Dez. 1838 Art. 2-5, Bad. GBRG $1, S.-Mein. G. vom 11. März 1848 
Art. 31, S.-Alt. G. vom 9. Aug. 1833 85, S.-Goth. GG 8 5, S.-Kob. GG Art. 
26, Anh.-Dess. GO vom 1. März 1852 8 8, Anh.-Bermburg GO vom 12. April 
ne os er V. vom 2, März 1841 8$ 15, 16, 50. Schaumb.-Lipp. LGO 
5 4, StVO 85 6. 
® Hann. StO $ 13, Württ. G. vom 4. Dez. 1833 Art. 63 und 64, Verw. 
Ed. $ 25, G. vom 15. Juni 1853, S.-Goth. GG $$ 186 und 187, S.-Kob. GG 
Art. 27 und 149, Anh.-Dess. GO 88 9 und 25, Anh.-Bernb. GO 88 9 und 25, 
Wald. GO 8 14. 
* Kurh. GO 8$ 10—16, Nass. GO vom 26. Juli 1854 85 70ff., Bayr. 
G. vom 16. April 1868 Art. 1ff., G. vom 17. Juni 1896 $$ 1-4, G. vom 
23. Dez. 1878, Württ. G. vom 4. Dez. 1833 Art. 13ff., Bad. BRG 88 4 ff, 
S.-Mein. G. vom 11. März 1848 Art. 32ff., S.-Alt. G. vom 9. Aug. 18 
s5 IF, S.-Goth. GG SS TR, S.-Kob. GG 8$ Tft., S.-Kob. HG Art. 8 ff., 
Anh.-Bernb. GO $ 19, Lipp. V. vom 2. März 1841 88 4ff., Schaumb,.-Lipp. 
LGO $ 3, StO $ 6. — In Hannover erfolgte der Erwerb des Heimatrechtes 
durch Erwerb des Wohnrechtes, Hann. St 3,02. 
5 Kurhess. GO 8$ 11—13, 16—13, Nass. GO $ 89, Bayr. G. vom 16. April
	        
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