Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

39 Einleitung. $ 9. 
8. Die Staatsformen '!. 
8.9. 
Mit dem Ausdruck Staatsformen bezeichnet man die 
Gattungen und Arten des Staates. Je nach der Verschiedenheit 
des Einteilungsgrundes sind sehr verschiedene Einteilungen des 
Staates möglich. Die gebräuchlichste und für das Staatsrecht 
Staatsrecht nicht zur Geltung gebracht, nicht einmal für England (Loening 
im Handwörterb. d. Staatswiss. 7 713), geschweige denn für den Kontinent 
richtig. „Die Grundgedanken der Gewaltenteilungslehre haben im Laufe 
des 19. Jahrhunderts in dem Verfassungsrecht aller zivilisierten Staaten (mit 
Ausnahme Rußlands) Aufnahme gefunden.“ (Loening a. a. O.; vgl. auchı 
Loening, Die Repräsentativverfassung im 19. Jahrhundert (1899), 5 Y „Die 
vielverkannte Trennung der Gewalten baben wir nach französischem Vorbild 
übernommen und aller Verwahrungen ungeachtet in tatsächlicher Geltung“ 
(O. Mayer, Verwalt.R. 1 67, 68). ie fest die deutschen Verfassungen auf 
dem Boden der Gewaltenteilung stehen, dafür wird immer an erster Stell« 
die preußische Verf.-Urk. v. 31. Januar 1850 als Beweiszeugnis dienen. 
Ganz klar sondert und verteilt sie die drei Gewalten: „Die gesetzgebend« 
Gewalt wird gemeinschaftlich durch den König und durch zwei Kammern 
ausgeübt“ (Art. 62 Abs. 1). „Die richterliche Gewalt wird im Namen des 
Königs durch unabhängige, keiner anderen Autorität als der des Gesetzes 
unterworfene Gerichte ausgeübt‘ (Art. 86 Abs. 1). „Dem König allein steht 
die vollziehende Gewalt zu“ (Art. 45 Satz 1. Wirhaben also die Gewalten- 
teilung: daran ist nicht zu drehen und zu deuteln; auch nichts zu be- 
dauern, weder im Interesse der Staatseinheit noch (ein Bedenken, das manche 
nicht unterdrücken können) im Interesse des monarchischen Grundcharakters 
unserer Verfassungen. Denn die Gewaltenteilung „hängt nicht an der Idee 
der Volkssouveränetät“ (O. Mayer a.a. O.1 69); sie läßt sich gleich gut im 
monarchischen wie im demokratischen Staate verwirklichen (vgl. zu dem 
letzteren Punkte auch Anschütz, Enzyklop. 29, Gegenwärtige Theorien 9 ff.). 
Für die Gestaltung des Prinzips der Gewaltenteilung im positiven deutschen 
Staatsrecht haben sich außer den bisher angeführten (Locning, O. Mayer, 
Anschütz) noch folgende Schriftsteller ausgesprochen: Rehm, Staatsl. 285 ff., 
294 ff., R. Schmidt, Allg. Staatsl. 1 66, 209 ir. Arndt im Arch.Oft.R. 18 166 ff., 
Fleiner, Institut. 9 f., W. van Calker im Handb. der Pol. 1 186, Hubriclı, 
preuß. Staatsr. 114 ff. — Auch Laband, der bisher von der Gewaltenteilung 
nichts wissen wollte, scheint an dieser ablebnenden Haltung nicht mehr 
festhalten zu wollen, wie die Streichung einer scharfen Bemerkung (St.R., 
4. Aufl,26 N.2: „Eine Kritik dieser Lehre — nämlich der Gewaltenteilung —, 
welche die Einheit des Staates zerstört und welche weder logisch haltbar 
noch praktisch durchführbar ist, kann hier unterbleiben, da in der deutschen 
Literatur über die Verwerflichkeit dieser Theorie seit langer Zeit fast voll- 
kommenes Einverständnis besteht“) in der neuesten Auflage scines Staats- 
rechtes (5. Aufl. 2 7) vermuten läßt. 
ı E. Bernatzik, Republik und Monarchie (1892); v. Treitschke, Politik 
2 1 f.; W. Roscher, Politik: Geschichtliche Naturlehre der Monarchie, 
Aristokratie und Demokratie. (3. A. 1908); J. v. Held, Die Monarchie als 
Staatsform, Grünhuts?. 21 481 fi.; Bornhak, Allg. Staatsl. 28 ff.; Rehm, 
Staatsl. 180 ff., 285 ff., 348 ff.; Jellinek, Staatsl. 661—736; Locning, Art. „Staat“ 
im Handwörterbuch 717 ff. (eine besonders gründliche Darstellung der Materie); 
derselbe, die Repräsentativverfassung im 19. Jahrhundert (1899); v. Martitz, 
Die Monarchie als Staatsform (1903); R. Schmidt, Staatsl. 1259 ff.; v. Sceydel, 
Vorträge aus dem allgem. Staatsr. 17 ff.; Hubrich, Handb. d. Pol. 1 74 ff.; 
W.van Calker, das. 1 129 tt. |mit reichen Literaturangaben]; Hatschek, All- 
gemeines Staatsrecht I, Il; Walther, Das Staatshaupt in den Republiken 
(1907); Stier-Somlo, Politik (2. A. 1911) 130 ff.
	        
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