Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. $ 112. 427 
ohne Mitglieder zu sein, zu den öffentlichen Lasten derselben bei- 
etragen hatten. In Fortbildung dieser Grundsätze regelte ein 
Gesetz vom 31. Dezember 1842 die Verpflichtung zur Armenpflege. 
Nach diesem sollte zur Unterstützung eines Armen diejenige Ge- 
meinde verpflichtet sein, in welcher derselbe: 1. als Mitglied aus- 
drücklich aufgenommen war, 2. unter Beobachtung der Vorschriften 
des angeführten Gesetzes vom 31. Dezember 1842 einen Wohnsitz 
erworben oder 3. nach erlangter Großjährigkeit während der drei 
letzten Jahre vor dem Zeitpunkte, wo seine Hilfsbedürftigkeit 
hervortrat, seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hatte. [Durch 
ein Gesetz gleichen Datums — Gesetz vom 31. Dezember 1842 
über die Aufnahme neu anziehender Personen — wurde Freizügig- 
keit im ganzen Gebiete des Staates gewährt und dadurch nun auch 
das Recht der Aufenthalts- und Wohnsitznahme, sowie des Grund- 
erwerbes aus dem Zusammenhange mit der Gemeindeangehörigkeit 
gelöst, nachdem die Befugnis zum Gewerbebetrieb schon durch die 
Einführung der Gewerbefreiheit in den Jahren 1810 und 1811 
von dem Besitz des Heimats- oder Bürgerrechts unabhängig ge- 
macht worden war. Auch die Verehelichungsfreiheit war in Preußen 
früher als anderwärts anerkannt, schon die StO von 1808 weiß 
nichts mehr davon, daß das Recht, sich zu verheiraten, nur dem 
Gemeindeangehörigen oder -bürger in seiner Heimatgemeinde zu- 
steht. Das Ergebnis dieser Entwicklung ist, daß diejenigen Rechte 
und Vorteile, welche in den Mittel- und Kleinstaaten den Haupt- 
inhalt der Gemeindemitgliedschaft bildeten (Recht auf Nieder- 
lassung und Grunderwerb, Verehelichung, Gewerbebetrieb und 
Armenunterstützung), in Preußen schon in der ersten Hälfte des 
neunzehnten Jahrhunderts aus Rechten des Gemeindeangehörigen 
zu Rechten jedes Staatsangehörigen geworden waren. Damit 
hatte der gemeindeutsche Begriff des Heimatsrechtes für Preußen 
alle Bedeutung verloren. Die Gemeindemitgliedschaft erscheint 
seit der revidierten StO vom 17. März 1831b als ein ausschließlich 
politisches Recht, dessen Inhalt darin besteht, daß es den- 
jenigen, der es besitzt, zur Anteilnahme an der Bildung des Ge- 
meindewillens berechtigt und, unter gewissen Voraussetzungen, 
verpflichtet. Gemeindemitglieder im vollen Sinne dieses Wortes 
— Gemeindebürger — sind nach preußischem Recht die- 
jenigen, welche zur Gemeindevertretung wahlberechtigt und wähl- 
ar, sowie zur Übernahme unbesoldeter Ämter in der Gemeinde- 
verwaltung befähigt und verpflichtet sind“. Neben diesen voll- 
a Gewerbesteueredikt vom 9. Nov. 1810 und G. über die polizeilichen 
Verhältnisse der Gewerbe vom 7. Sept. 1811. 
db RevStO von 1831 $ 11. Die StO vom 19. Nov. 1808 zählt (8 15) 
unter den spezifischen Vorrechten des Bürgers noch auf das Recht, städtische 
Gewerbe zu treiben und Grundstücke im Stadtbezirk zu besitzen. 
ce StO für die östlichen Provinzen vom 30. Mai 1853, $ 5, LGO für die 
östlichen Provinzen vom 3. Juli 1891, $ 40 und die entsprechenden Be- 
stimmungen der in den westlichen und neuen Provinzen geltenden Gemeinde- 
verfassungsgesetze.
	        
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