Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. 8 113. 481 
demzufolge das Bürgerrecht grundsätzlich nur durch einen be- 
sonderen, konstitutiven Verwaltungsakt der Gemeinde — Ver- 
leihung — entsteheng, während nach den andern das Bürger- 
recht, dem Prinzip der Einwohnergemeinde entsprechend, jedem 
anfällt, der und sobald er gewisse im Gesetz bezeichnete Eigen- 
schaften aufweistb und demzufolge erlischt, wenn eine dieser 
Eigenschaften wegfällti] Auch nach diesen jetzt geltenden Ge- 
setzen ist mitunter die Zahlung eines besonderen Bürgerrechts- 
geldes für die Aufnahme in den Bürgerverband oder die Erlegung 
eines Einkaufsgeldes für die Teilnahme an den Bürgernutzungen 
vorgeschrieben ?2°. Dagegen darf wegen der bloßen Niederlassung 
reichsgesetzlich eine Abgabe nicht erhoben werden?!. Wo die 
geschlossene Bürgergemeinde festgehalten ist, findet sich auch wohl 
ein Zwang zum Erwerb des Bürgerrechtesk. 
8 113. 
I. In bezug auf de Gemeindeverfassung bestehen 
in Deutschland zwei Systeme. Nach dem einen ist die Ver- 
fassung für Städte und Landgemeinden eine ver- 
schiedene, das zweite kennt dagegen nur eine einzige Form 
der Gemeindeverfassung, welche für alle Gemeinden gilt. Da, 
wo eine Verschiedenheit der städtischen und ländlichen Ver- 
fassung existiert, ist für die Frage, ob eine Gemeinde als Stadt- 
oder Landgemeinde anzusehen sei, meist der historische Charakter 
derselben maßgebend; seltener hat man die Scheidung in rein 
g Hierher gehören insbesondere die Gesetze des rechtarheinischen 
Bayerns und Württembergs (bayer. GO für die Landesteile diesseits des 
Rheins vom 29. April 1869 Art. 10, württ. G. betr. die Gemeindeangehörig- 
keit vom 16. Juni 1885 Art. 6), die sächsische rev. StO 817 (vgl. O. Mayer, 
sächs. StR 283) und — als einziges von den preußischen Gemeindeverfassungs- 
gesetzen, welches das System der Bürgergemeinde beibehalten hat — die 
annöv. StO vom 24. Juni 1858, 8 21. 
h So nach allen preußischen Gemeindeverfassungsgesetzen mit Aus- 
nahme der hannöverschen StO. Typisch: östl. StO 8 5, östl. LGO $ 41. 
Dasselbe System haben: die bad. StO (Fassung vom 18. Okt. 1910) 8 7, der 
Sache nach auch die bad. GO (Fassung vom 18, Okt. 1910), $ 10 (die dort 
enannten „wahlberechtigten Einwohner“ sind nur dem Namen nach nicht 
Gemeindebitger, der Sache nach sind sie es), die Gemeindeverfassungsgesetze 
Hessens, der bayerischen Pfalz, Oldenburgs, Elsaß-Lothringens (vgl. hess. 
StO und LGO Art.16, 23 ff.; pfälz. GO Art. 10; Schücking, Oldenburgisches 
Staatsrecht 204 und die sächs. LGO (8 15). 
i Preuß. östl. StO S 7 Abs. 8, bad. StO $ 11. 
82° Preuß. G. vom 14. Mai 1860, 24. Juni 1861 und 2. März 1867, Hess.- 
Nass. StO 8 58, LGO $ 42, LGO für die dstl. Provinzen 8 72, für Schleswig- 
Holstein 8 72, Sächs. rev. StO $ 21, Württemb. G. vom 16. Juni 1886 Art. 
9, 22 ff., Hess. StO Art. 30, LGO Art. 30, S.-Weim. GO Art. 23, Braunschw. 
StO 8 20, Reuß ä.L. GO Art. 23—34, Reuß j.L. GO Art. 28—32, Lipp. StO 
8 5, DGO $ 5, Schw.-Sondersh. GO $ 38. 
2} RG über die Freizügigkeit vom 1. Nov. 1867 8 8. 
k Vgl.z.B.Sachsenrev. 817, Hann.StO 822, Bayern diesseit. GO Art. 17. 
a So z.B. in Hessen; vgl. van Calker, hess. StR 116. 
28°
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.