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Landgemeinden mit mehr als 500 Einwohnern ein kollegialer Ge-
meindevorstand (Gemeinderat) besteht®.
2. Das zweite System kommt in einer doppelten Ge-
staltung vor.
a) Nach der einen Gestaltung ist die einheitliche [äußerlich
allerdings mitunter (so in der Rheinprovinz und in Hessen) nach
Stadt- und Landgemeinden verschiedene] Gemeindeverfassung
wesentlich gleichartig mit der soeben geschilderten Land-
gemeindeverfassung [zeigt also einen nicht kollegialisch,
sondern monokratisch formierten Gemeindevorstand: Gemeinde-
vorstand ist nicht ein Magistratskollegium, sondern der Bürger-
meister (Bürgermeister- im Gegensatz zur Magistratsverfassung)].
Diese Form der Verfassung hat sich unter dem Einfluß der
französischen Gesetzgebung verbreitet. Sie besteht in der
preußischen Rheinprovinzd, in der bayerischen Pfalzd, im Groß-
erzogtum Hessend, in dem größten Teil der thüringischen
Staaten, namentlich in dem Großherzogtum Sachsen-Weimar, dem
Herzogtum Sachsen-Meiningen, in den reußischen und schwarz-
burgischen Fürstentümern und im Fürstentum Waldeck. Die
Verwaltungsgeschäfte werden vom Bürgermeister mit Hilfe
eines oder mehrerer Beigeordneten geführt. Als zweites
Organ neben ihm besteht eine gewählte Gemeindevertretung in
den Städten der preußischen Rheinprovinz und Hessens Stadt-
verordnetenversammlung, sonst vielfach Gemeinderat
genannt, die entweder unter dem Vorsitz des Bürgermeisters oder
unter dem eines selbstgewählten Vorsitzenden tagt und die Be-
fugnisse der Stadtverordneten in den Städten mit Magistrats-
verfassung (s. o. Nr. 1) besitzt®.
b) Nach der zweiten Gestaltung, welche im Königreich Württem-
berg und im Großherzogtum Baden besteht, entspricht die Organi-
sation der Gemeinden der oben geschilderten städtischen Ver-
fassung (d.h. der Magistratsverfassung). Es bestehen als Organe
der Gemeinde: 1. der Gemeinderat (Stadtrat), ein Kollegium mit
einem Bürgermeister (Schultheiß) an der Spitze für die Führung
8 LGO für Hessen-Nassau d 45.
d Die Einheitlichkeit der Gemeindeverfassung auf Grund des Bürger-
meistersystems gilt in allen diesen Rechtsgebieten nicht unbedingt: vielmehr
können in der preußischen Rheinprovinz und in der bayerischen Pfalz alle
Städte (alle Gemeinden, welche irgendwie berechtigt sind. den Namen Stadt
zu führen), in Hessen alle Gemeinden mit mehr als 15000 Einwohnern mit
Staatsgenehmigung die Magistratsverfassung einführen. Preuß. StO für die
Rheinprovinz vom 15. Mai 1856 8 66ff., Bayer. G. (Pfälz. Städteverf.
G.) vom 15. August 1903 (vgl. Piloty, JahrbÖffentIR 8473 ff.), hess. StO Art.
202 ff. (oben 431 Anm.a). Über den Typus „Bürgermeisterverfassung“ vgl. den
oben Anm. b zit. Artikel von Preuss.
9 Rhein. StO 32.9 11ff., LGO SS 44ff., GO für die Pfalz Art. 7 und 46,
Hess. StO Art. 2,35 ff, LGO Art. 2, 35 ft., S.-Weim. GO Art.7. 42 ff, S.-Mein.
GO Art. 21ff., Anh. GO $$ Stff., Schw.-Sondersh. GO $ 67 ff., Schw.-Rud.
GO Art. 38 ff., 120 ff., Reuß ä. L. GO Art. 19 und 59, Reuß j. L. GO Art. 7
und 61, Wald. GO ss 9ff.