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der preußischen Kreis-, Bezirks- und Provinzialordnung im Groß-
herzogtum Baden durch das dortige Reorganisationsgesetz vom
5. Oktober 1863” und dann in Preußen selbst durch die Ver-
waltungsreform der siebziger und achtziger Jahre des neunzehnten
Jahrhunderts® ein- und durchgeführt]. Unter dem Einfluß der
preußischen Reformbestrebungen stehen die Einrichtungen, welche
ım Königreich Sachsen, im Großherzogtum Hessen und im Herzog-
tum Braunschweig geschaffen worden sind.
II. Die heutige Verwaltungsorganisation der Be-
zirke, Kreise und Provinzen weist in den einzelnen deutschen
Staaten erhebliche Verschiedenheiten auf.
1. Die betreffenden Sprengel sind entweder reine Staats-
verwaltungsbezirke oder zugleich als Selbstverwaltungs-
körper gestaltet. In letzterem Falle haben sie eine eigene kom-
munale Organisation und besitzen eigenes Vermögen sowie Be-
fugnisse auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes, wie ihnen auch
öffentlichrechtliche Verpflichtungen obliegen, deren Erfüllung durch
eine vom Staate gehandhabte Aufsicht gesichert wird.
2. Die Ausübung der obrigkeitlichen Befugnisse
gilt als Sache des Staates. Die Organisation der Staats-
behörden ist verschieden gestaltet. Dieselben haben teils eine
kollegialische, teils eine monokratische (bureaumäßige) Verfassung.
Sie bestehen entweder lediglich aus staatlichen Berufsbeamten
oder sind aus solchen und Männern ohne Beamteneigenschaft,
die ihren Dienst unentgeltlich versehen, zusammengesetzt. Letztere
gehen in der Regel aus Wahlen der kommunalen Vertretungen
hervor, doch kommen auch andere Formen der Bestellung
(Ernennung durch die Staatsregierung aus einer Vorschlags-
liste, Wahl durch die für die Landtagswahlen gewählten Wahl-
männer) vor.
3. Die Verwaltung des Vermögens und der Anstalten
der Kommunalverbände liegt in den Händen der kommu-
nalen Vertretungen und Ausschüsse. Die Mitglieder derselben sind
Elemente der Selbstverwaltung; ihre Amter haben den Charakter
von Ehrenämtern. Bei der Verwaltung sehr großer Vermögens-
komplexe werden von dem Kommunalverbande einzelne besoldete
Berufsbeamte verwendet®.
Bei der Verschiedenheit, welche die deutschen Staaten so-
wohl hinsichtlich ihrer Größe und infolgedessen hinsichtlich ihrer
Verwaltungseinteilung, als auch hinsichtlich ihrer Verwaltungs-
organisation aufweisen, l4ßt sich eine zusammenfassende Dar-
’ Oben S. 401.
8 So werden z. B. die laufenden Geschäfte der Provinzialkommunal-
verwaltung in Preußen ausschließlich durch besoldete Berufsbeamte
im Dienste des Provinzialverbandes geführt: an der Spitze dieser
Deamtenschaft steht der Landeshauptmann (Landesdirektor); vgl. unten