Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

444 Zweiter Teil. Zweites Buch. 5 116, 
zu setzen?®. Die Landräte sollten grundsätzlich den Ritterguts- 
besitzern, in den westlichen Provinzen (Rheinland, Westfalen) 
wenigstens den Großgrundbesitzern des Kreises entnommen und 
auf Grund einer Präsentation der Kreisstände (wo es solche gab) 
ernannt werden. Doch kam in Ermangelung geeigneter Kan- 
didaten auch eine Besetzung des Amtes mit Berufsbeamten vor. 
In Posen wurde das Präsentationsrecht suspendiert. Den Re- 
gierungen wollte man landständische Repräsentanten beiordnen ®, 
welche von den Provinzialständen vorgeschlagen, vom Könige er- 
nannt werden und als Mitglieder mit vollem Stimmrecht innerhalb 
des Kollegiums fungieren sollten. Der Plan kam jedoch nicht zur 
Ausführung. Auch die beabsichtigte Reorganisation der kommu- 
nalen Kreis- und Provinzialverfassung blieb vorläufig auf sich be- 
ruhen #, 
Erst die Jahre 1823—1828 brachten eine Reihe von Gesetzen, 
welche sich auf die Provinzial- und Kreisstände bezogen®. 
Die Formation dieser Vertretungskörper beruhte auf altständischer 
Grundlage. Die Provinzialstände (Provinziallandtage) setzten 
sich aus drei Gruppen zusammen, von denen die erste die mit 
Virilstimmen versehenen Grafen, Herren und Stifter und die Re- 
präsentanten der Ritterschaft, die zweite die Vertreter der Städte 
und die dritte die der übrigen Grundbesitzer umfaßte. Den 
Provinzialständen wurde die Beratung der Provinzial- und, solange 
keine Reichsstände existierten, auch der allgemeinen Gesetze über- 
tragen; sie hatten das Recht, Bitten und Beschwerden vorzubringen 
und es stand ihnen die Verwaltung des Provinzialvermögens und 
der Provinzialanstalten zu. Für die Besorgung der auf das Pro- 
vinzialvermögen bezüglichen laufenden Verwaltungsgeschäfte wurden 
%2 Dieser Gedanke wurde namentlich von Hardenberg vertreten und 
fand seinen Ausdruck in dem sogenannten Gendarmerieedikt vom 380. Juli 
1812. vgl E. v. Meier, Reform ff.; französische Einflüsse 2 437 £. 
® V. wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-, Polizei- und 
Finanzbehörden vom 26. Dez. 1808 $$ 17ff. — E. v. Meier, a. a. O. 215 ff; 
M. Lehmann a. a. O. 404. 
* Nach dem Gendarmerieedikt sollte die Kreisverwaltung, deren Be- 
fugnisse sich übrigens wesentlich auf die Verwaltung des Kreisvermögens 
beschränkten, aus dem Kreisdirektor, dem Stadtrichter der Kreisstadt und 
sechs Kreisdeputierten bestehen, die von den Rittergutsbesitzern, den Städten 
und den Landgemeinden gewählt wurden. Die Einführung und Reform von 
Provinzialständen wurde durch die V. vom 22. Mai 1815 über die zu bildende 
Repräsentation des Volkes zugesichert. E. v. Meier a.a. O0. 388 ff. und Enzykl. 
(6. Aufl.) 665, 666. 
6 Allgemeines G. wegen der Provinzialstände vom 5. Juni 1823, mit 
besonderen Gesetzen für die einzelnen Provinzen, und zwar für Branden- 
burg, Preußen und Pommern vom 1. Juli 1823, für Schlesien, Sachsen, Posen, 
Westfalen und die Rheinprovinz vom 27. März 1324. — Kreisordnungen für 
Brandenburg und Pommern vom 17. August 1825, für Sachsen vom 17. Mai 
1827, für Schlesien vom 2. Juni 1827, für die Rheinprovinz und Westfalen 
vom 13. Juli 1827, für Preußen vom 27. März 1828, für Posen vom 20. Dez. 
1828. Bornhak, Preußische Staats- und Rechtsgeschichte 383 ff., E. v. Meier 
Enzykl. (6. Aufl.) S. 670 ff.
	        
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