Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

448 Zweiter Teil. Zweites Buch. 3 116. 
IH. Nach Durchführung der Reform in allen Provinzen be- 
steht in Preußen folgende Organisation der Verwaltung **. 
Der preußische Staat zerfällt für die Zwecke der Verwaltung 
in zwölf Provinzen, jede Provinz in Regierungsbezirke, 
jeder Regierungsbezirk in Kreise. Provinzen und Kreise haben 
den Charakter von Kommunalverbänden, die Regierungs- 
bezirke regelmäßigb den von bloßen Staatsverwaltungs- 
bezirken®, In den meisten Provinzen besteht innerhalb der 
Kreise noch eine weitere Unterabteilung. Außerhalb des Provinzial- 
verbandes befindet sich die Stadt Berlin?®. Andere größere Städte 
stehen zwar innerhalb des Provinzial- aber außerhalb des Kreis- 
verbandes?* (Stadtkreise). 
[1. Als Organ der reinen Staatsverwaltung (all- 
gemeinen Landesverwaltung) in den Provinzen, Regierungsbezirken 
und Kreisen fungieren teils die älteren (1808—1815 oder früher 
geschaffenen) Behörden — Oberpräsidien, Regierungen, Landrats- 
ämter, diese sämtlich nur mit ernannten Berufsbeamten besetzt —, 
teils neuere (der Verwaltungsreform von 1872—1883 entstammende) 
Provinzialräte, Bezirksausschüsse, Kreisausschüsse, diese zur Mehr- 
heit aus gewählten Laien bestehend und mit den älteren Behörden 
insofern uniert, als die Vorstände der letzteren — Oberpräsident, 
Regierungspräsident, Landrat — dem Provinzialrat, bezw. Bezirks- 
ausschuß, bezw. Kreisausschuß präsidieren.] 
Der Oberpräsident?® steht an der Spitze der Verwaltung 
der Provinz. Er erledigt, als höhere Verwaltungsbehörde erster 
und zweiter Instanz die ihm speziell überwiesenen Geschäfte, ist 
ständiger Kommissar der Ministerien und führt die Oberaufsicht 
über die Verwaltungsbehörden in der Provinz. Ihm ist ein Ober- 
präsidialrat und eine Anzahl von Räten und Hilfsarbeitern bei- 
232 Über die jetzige preußische Verwaltungsorganisation vgl. die in 
Note 10 angegebene Literatur, sowie ferner E. v. Meier, Enzykl. (6. Aufl.) 
686—704; Schoen, das. (7. Aufl.) 4 232 ff.; Bornhak, PrStR 2 97 ff.; derselbe 
im WStVR 8 176 ff.; Graf Hue de Grais, Handbuch der Verfassung und Ver- 
waltung (22. Aufl.) 73ff.; zahlreiche Spezialartikel (z. B. Oberpräsident, Re- 
gierung, Landrat usw.) in v. Bitters Handwörterbuch der preußischen Ver- 
waltung. 
b Ausnahmen: Die Regierungsbezirke Cassel, Wiesbaden und Sig- 
maringen (d. h. das Land Hohenzollern), welche als Kommunalverbände 
konstituiert sind; vgl. unten S. 456. 
c Provinz und Kreis sind also selbständige, rechtsfähige Gemeinwesen 
mit eigenem Recht auf ihr Gebiet, die Regierungsbezirke sind das nicht. 
Die Folge ist, daß die Grenzen der Provinzen und Kreise nur durch Gesetz, 
die der Regierungsbezirke dagegen im Verwaltun swege (durch Verordnung) 
abgeändert werden können. Vgl. ProvO 8 4, Krö 85. 
38 Landesverwaltungsgesetz (LVG) $ 1. 
24 Zur Ausscheidung, aus dem Kreisverbande 'sind in den meisten Pro- 
vinzen Städte mit 25000 Einwohnern berechtigt (KrO für die östl. Provinzen 
$ 4, für Hannover $ 4, für Hessen-Nassau $ 4, für Schleswig-Holstein $ 4,. 
in Westfalen Städte mit 30000 Einwohnern (KrO $ 4), in der Rheinprovinz 
Städte mit 40000 Einwohnern (KrO $ 4). 
25 LVG SS S, 9.
	        
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