Die Organe. 8 116. 449
gegeben, die Organisation der Oberpräsidien ist rein bureaumäßig.
Der Provinzialrat?‘ besteht 1. aus dem Oberpräsidenten
als Vorsitzenden, 2. aus einem vom Minister des Innern er-
nannten höheren Verwaltungsbeamten, und 3. aus fünf Mitgliedern,
welche vom Provinzialausschusse aus der Zahl der zum Provinzial-
landtage wählbaren Provinzialangehörigen auf sechs Jahre gewählt
werden.
Organe der allgemeinen Landesverwaltung im Regierungs-
bezirk (Bezirksbehörden) sind der Regierungspräsi-
dent, die von ihm geleitete Bezirksregierung und der
Bezirksausschuß®”. Die Verbindung des Amtes des Ober-
präsidenten mit dem des Regierungspräsidenten ist nicht mehr
zulässig. Die Regierung zerfällt in mehrere Abteilungen und hat
den Charakter einer Kollegialbehörde; die Abteilung des Innern
ist jedoch aufgelöst und ihre Geschäfte sind auf den Regierungs-
präsidenten übertragen worden. Der Bezirksausschuß®® be-
steht aus dem Regierungspräsidenten als Vorsitzenden und sechs
Mitgliedern. Zwei dieser Mitglieder werden vom Könige ernannt
(im ganzen also drei ernannte Mitglieder mit Beamteneigenschaft);
von diesen muß eines zum Richteramt, das andere zum höheren
Verwaltungsdienst befähigt sein. Aus der Zahl dieser Mitglieder
ernennt der König den Stellvertreter des Regierungspräsidenten
mit dem Titel Verwaltungsgerichtsdirektor. Die vier anderen
Mitglieder werden aus den Einwohnern des Sprengels durch den
Provinzialausschuß auf sechs Jahre gewählt.
Die Leitung der Kreisverwaltung steht dem Landrat
zu. Der Landrat wird vom Könige ernannt. Der Kreistag ist
befugt, für die Besetzung des erledigten Landratsamts geeignete
Personen, welche dem Kreise seit mindestens einem Jahre durch
Wohnsitz und Grundbesitz angehören, in Vorschlag zu bringen.
Geeignet aber sind diejenigen Personen, welche 1. die Befähigung
zum höheren Verwaltungs- oder Justizdienste erlangt haben oder
2. dem Kreise seit mindestens einem Jahre durch Grundbesitz
oder Wohnsitz angehören und zugleich mindestens während eines
vierjährigen Zeitraumes entweder a) als Referendare im Vor-
bereitungsdienst bei den Gerichten oder Verwaltungsbehörden oder
b) in Selbstverwaltungsämtern des betreffenden Kreises, des Be-
zirkes oder der Provinz tätig gewesen sind??. Zur Stellvertretung
des Landrates werden vom Kreistage zwei Kreisdeputierte ge-
26 LVG 88 10—15, @. für Hessen-Nassau vom 8. Juni 1885 Art.V.
7 LVG 8S 17—3.
3» LVG S$ 28—85. G. für Hessen-Nassau vom 8. Juni 1885 Art. V.
2? KrO für die östl, Prov. $ 74, für Hann. $ 22, für Hess.-Nass. 8 24,
für Westfalen 8 30, für die Rheinpr. $ 30, für Schleswig-Holstein 8 66. [Der
Vorschlag des Kreistages braucht selbstverständlich von der Staatsregierung
nicht befolgt, er braucht aber auch nicht einmal erfordert zu werden, denn
eg heißt im Gesetz nicht: „Der Landrat wird vom König auf Vorschlag des
Kreistags ernannt“, sondern: „Der Kreistag ist befugt... .. in Vorschlag zu
bringen®).