Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

474 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 120. 
Sonderbund der Regierungen außer und neben dem Reich!), und 
daß das Recht der Regierungen — also der Fürsten der 22 
monarchischen Einzelstaaten und der Senate der drei Hanse- 
städte —, den Bundesrat zu beschicken, kein ihnen eigenes 
persönliches, sondern ein Recht ist, welches lediglich ihren Staaten 
zusteht und von ihnen namens dieser Staaten ausgeübt wird (das 
Reich ist kein Bund von Fürsten und Senaten, sondern ein aus 
Staaten zusammengesetzter Bundesstaat). 
„Verbündete Regierungen“ bedeutet somit eine Gesamtheit 
der Staaten, jeder vertreten durch seine Regierung. Wie diese 
Gesamtheit kein (besonderes) Bundesverhältnis darstellt, so erst 
recht keine korporative Einheit. Der Träger der Reichsgewalt 
ist keine vom Reiche verschiedene Korporation®, keine Personen- 
einheit, sondern eine Mehrheit von Personen, das Reich also auch 
in diesem Sinne (ganz abgesehen davon, daß der Kaiser nicht als 
Monarch des Reiche bezeichnet werden darf) keine Einherrschaft, 
sondern eine Mehr- oder Vielherrschaft (Pleonarchie, Pleonokratiel, 
und zwar vom Typus der konstitutionellen aristokratischen Re- 
publik m.] 
Bundesrechts 60, Staatsrechtl. Erörterungen über die RV 43); v. Martitz, Be- 
trachtungen über die Verfassung des norddeutschen Bundes 45; Grotefend 
a,7ol: . Gierke in Schmollers Jahrb. Bd. VII 1145 ff., v. Rönne, Preuß. 
tR Bd. IT S 175 S. 516; v. Sarwey, Württ. StR Bd. II 77; Rümelin in der 
Zeitschr. f. d, ges. Staatswissensch. Bd XL 644 und 645 N. 1; O. Mejer, 
Einleitung 280, 340; Brie, Theorie der Staatenverbindungen 126; v. Kirchen- 
heim, Lehrb. d. deutsch. StR 280; Triepel, Interregnum 98ff.: Zorn, StR 
Bd. 1 90; Bornhak, Allg. Staatsl. 241; Binding, Die rechtliche Stellung des 
deutschen Kaisers 9, 11: Hübler, Organisation der Verwaltung 74; Arndt, 
StR 114; v. Jagemann, Die deutsche RVerf (1904), 48 ff., 80 ff.; Rehm, Allg. 
Staatsl. 100, 134 („Subjekt“ der Reichsgewalt seien die verbündeten Staaten, 
Träger“ der Reichsgewalt die Fürsten und Senate); van Calker im HbdP 
1 134 Abweichend vom Text insbes, Loening, Grundzüge der Verfassung 
des Deutschen Reiches 50 ff., der (vom Standpunkt seiner Konstruktion des 
Staates als „Rechtsverhältnis“, vgl. oben $ 3 N. 10, aus) das Subjekt der 
Herrschergewalt des Reichs einerseits in dem Kaiser, andererseits in den im 
Bundesrat organisierten Staaten erblickt. 
® Dies ist die Ansicht von Geffeken; vgl. die Zitate oben $5 Anm. b. 
Gegen Geffcken: Jellinek, Staatsl. 553 Anm 1; Loening, Grundzüge der RV 
49, 50; Kulisch, ArchÖffR 16 152. 
! So Zom, StR 1 und die deutsche RV 51, Gareis, AllgStR 38, van 
Calker, HbdP 1 134. Die Anwendung des Wortes Republik auf das Reich 
wollen diese Schriftsteller vermeiden, da Republik im modernen Sprach- 
ebrauch gleichbedeutend sei mit Demokratie. Demgegenüber trägt Jellinek, 
Staatsl. 712, kein Bedenken, das Reich dem Typus Republik zu unterstellen. 
Er kann sich nicht nur auf Bismarck berufen, der bei der Beratung der 
nordd. BV den Bundesrat die „republikanische Spitze“ des Bundes nannte 
(Reichstag, 28. März 1867), sondern hat auch sachlich Recht. Schon bei 
Machiavell bezeichnet „Republik“ nicht nur den demokratischen sondern 
auch den aristokratischen Gegensatz zur Monarchie (oben 33) und dabei ist 
es bis heute verblieben. Wie Jellinek und, im Sinne des Textes, das aristo- 
kratische Moment betonend: Hubrich, HbdP 1 85, 86. 
m Anschütz, Enzykl. 94. Ebenso oder doch ähnlich Hubrich, a. a. O., 
Geffcken, Verfassung des deutschen Reiches 17 und das Gesamtinteresse 15.
	        
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