Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

‚Die Organe. $ 121. 479 
hörden und Beamte des Reichs geführt wird). Er führt den Ober- 
befehl über das Heer und die Marine. Er ernennt die Reichs- 
beamten und verfügt erforderlichenfalls deren Entlassung. Er 
vollstreckt die Reichsexekutionen. Er hat das Recht, den Bundes- 
rat und Reichstag zu berufen, zu eröffnen, zu vertagen und zu 
schließen. [In den reichsunmittelbaren Gebieten (Reichsland, 
Schutzgebiete) steht ihm nicht nur die Verwaltungshoheit, sondern 
die Ausübung der gesamten Staatsgewalt in monarchischer Macht- 
vollkommenheit zu Aber auch dem Bundesrate stehen auf dem 
Gebiete der Verwaltung wichtige Funktionen zu. Allerdings Kußern 
diese sich nur in der Fassung allgemeiner Beschlüsse, nicht in un- 
mittelbarer Ausführung derselben. Der Bundesrat ist das all- 
emeine Verordnungsorgan des Reiches. Die Zustimmung des 
undesrats ist erforderlich zur Erklärung eines Krieges im Namen 
des Reiches, mit Ausnahme des Falles, wo ein Angriff auf das 
Bundesgebiet oder dessen Küsten erfolgt. Dem Bundesrat steht 
eine weitgehende Beteiligung bei der Verwaltung der Finanzen, 
des Eisenbahnwesens, Geld- und Bankwesens zu. Der Bundesrat 
besitzt ein Wahl- und Vorschlagsrecht in bezug auf gewisse Be- 
amtenstellen und hat in einzelnen Fällen über die Entlassung von 
Beamten zu entscheiden. Der Bundesrat beschließt über die Ver- 
hängung der Reichsexekution®. Überhaupt stehen dem Bundesrate 
als Repräsentanten der Träger der Reichsgewalt alle diejenigen 
Befugnisse zu, welche nicht einem anderen Örgan des Reiches aus- 
drücklich überwiesen sind. Er besitzt Präsumtion der Kompetenz 
‘wie der Monarch im Einzelstaat®, 
Bei allen denjenigen Angelegenheiten, welche zum Geschäfts- 
kreise des Bundesrates gehören, wird der Kaiser nicht als solcher, 
als besonderer F'aktor, sondern nur in der Eigenschaft des Königs 
von Preußen als Glied der Gesamtheit tätig. Selbst die der Präsi- 
dialmacht eingeräumte Befugnis, bei der Gesetzgebung über Militär- 
wesen, Kriegsmarine, Zölle und Verbrauchssteuern durch ihren 
Widerspruch die Abänderung oder Aufhebung bestehender Ein- 
richtungen zu hindern’, ist ihr nicht in der Form eines selb- 
5 In der Verfassung, des norddeutschen Bundes war eine zusammen. 
fassende Feststellung der Befugnisse des Bundesrates nicht enthalten; die Ver- 
fassung des Deutschen Reiches hat eine solche versucht, indem sie im Art. 7 
dem Bundesrate die Beschlußfassung über folgende Gegenstände zuweist: 
1. die dem Keichstage zu machenden Vorlagen und die von demselben ge- 
faßten Beschlüsse; 2. die zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen 
allgemeinen Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen, sofern nicht durch 
Reichsgesetz etwas anderes bestimmt ist; 8. die Mängel, welche bei Aus- 
führung der Reichsgesetze oder der vorstehend erwähnten Vorschriften oder 
Einrichtungen hervortreten. 
® Seydel in v. Holtzendorffs und Brentanos Jahrbuch a. a. O. 284 und 
Komm. 141, 232; Laband im HbÜOffR 46; Zom a, a. O0. 169, 184; Hübler, 
Organiaation der Verwaltung 75; Anschütz, kl, 94, 97, v.J 
RVerf 96; Herwegen, Reichsverfassung und Bundesrat (Bonner Diss., 1902), 
36, 55. — A. M. Binding, Rechtliche Stellung des Kaisers 11, 12. 
TRV Art. 5 Abe. 2, 37. 
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